Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
In Bauherrengemeinschaft jedoch Handlungsstörer- oder Zustandsstörer-Haftung möglich
Normenkette
§ 22 Abs. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB
Kommentar
1.Vorliegend wurde die Wohnanlage von einer Bauherrengemeinschaft errichtet. Ein Bauherr erwarb mehrere Einheiten und veräußerte diese weiter. Planabweichend wurde dann nachfolgend im Bereich der Wohnung im obersten Stockwerk unter einem Flachdach eine Lichtkuppel eingebaut, ebenso eine separate Tür von der Küche zur Terrasse eingefügt.
Der Antrag eines anderen Eigentümers gegen den betroffenen Wohnungseigentümer auf Wiederherstellung des ursprünglichen plangemäßen Zustandes wurde nach landgerichtlicher Antragszurückweisung auf Rechtsbeschwerde hin wieder an das LG zurückverwiesen, da vom LG nicht alle Wohnungseigentümer am Verfahren beteiligt wurden (vgl. § 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 4 WEG; § 27 Abs. 1 S. 2 FGG; §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO).
2.Das LG hat einen aus § 22 WEG abzuleitenden, auf § 1004 BGB und § 15 Abs. 3 WEG gestützten Beseitigungsanspruch der Antragstellerseite verneint, weil eine Veränderung des Bauwerkes fehle. Dies ist so nicht richtig. Eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG liegt zwar nicht vor, wenn der Bauträger von vornherein abweichend von den ursprünglichen Plänen das Gebäude errichtet; ein Wohnungseigentümer ist in diesem Fall auch nicht zur Beseitigung der geänderten Bauausführung verpflichtet, wenn er sie beim Kauf des Wohnungseigentums veranlasst hat (BayObLG, NJW-RR 1994, 276). Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 17. 7. 1997 hinsichtlich eines vergleichbaren Beseitigungsantrages bezüglich derselben Wohnanlage entschieden hat (WE 1998, 149/157), ist hier jedoch die Wohnanlage nicht von einem Bauträger errichtet worden, der bei der Vornahme baulicher Maßnahmen keinen Beschränkungen unterlag, solange er allein Eigentümer war, sondern von mehreren Bauherren, die schon zu Beginn der Bauarbeiten Wohnungseigentümer geworden waren.
Wenn hier der Einbau der Lichtkuppeln und der Terrassentür im Widerspruch zum Aufteilungsplan auf Veranlassung der Antragsgegner vorgenommen worden ist, dann haften die Antragsgegner als Handlungsstörer. Ansonsten wird das LG zu prüfen haben, ob die Antragsgegner als Zustandsstörer anzusehen sind (vgl. BayObLG, WM 96, 491) und ob gegen sie ein Beseitigungs- oder Duldungsanspruch in Betracht kommt (vgl. BayObLG, WE 1998, 149/151; KG Berlin, FGPrax 1996, 136).
Ein Unterlassungsanspruch setzt ferner voraus, dass aufgrund der Baumaßnahme eine Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer im Sinne von § 14 Nr. 4 WEG gegeben ist (vgl. BayObLG, NJW-RR 1994, 276; WE 98, 149/151). Ob dies hier der Fall ist, wird das LG neuerlich zu ermitteln haben.
3.Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 20.000,- angeordnet.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 29.05.1998, 2Z BR 57/98)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer