1 Leitsatz
Streitig war die Frage, ob Weihnachtsbaumkulturen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks sind und ob demzufolge der Aufwuchs in Form von Weihnachtsbäumen zum Grundstück gehört und damit Teil der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Grunderwerbsteuer (GrESt) ist. Der BFH hat erwartungsgemäß entschieden, dass Weihnachtsbaumkulturen als Scheinbestandteil des Grundstücks anzusehen sind und ihr Erwerb somit nicht der GrESt unterliegt.
2 Das Problem
Erworben wurden im Streitfall mehrere Grundstücke einschließlich Aufwuchs in Form von Weihnachtsbaumkulturen. Im Grundstückskaufvertrag wurde der Kaufpreis auf die Grundstücke und den Aufwuchs in 2 Teilbeträge aufgeteilt, nämlich den Teilbetrag für Grund und Boden in Höhe von 225.000 EUR und den Teilbetrag für den Aufwuchs i. H. v. 87.050 EUR zzgl. 10,7 % USt (insgesamt 321.364,35 EUR). Daneben wurde ein weiteres Grundstück für 20.000 EUR erworben. Der Wert für den Aufwuchs wurde anhand der Grundstücksgröße und eines Preises je Quadratmeter ermittelt.
Das Finanzamt setzte die GrESt aus dem Gesamtkaufpreis (341.364 EUR) fest.
3 Urteil Vorinstanz
Das FG Münster entschied mit Urteil v. 14.11.2019, 8 K 168/19 GrE (EFG 2019, S. 1995), dass der Erwerb von Weihnachtsbaumkulturen nicht der GrESt unterliegt, da diese nicht den Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG erfüllen. § 2 GrEStG knüpft an den Grundstücksbegriff des BGB an. §§ 94, 95 BGB enthalten Regelungen darüber, was als wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks anzusehen ist und was demzufolge nicht Gegenstand besonderer Rechte sein kann (§ 93 BGB).
Zwar sind die Weihnachtsbäume durch das Aussäen oder Einpflanzen wesentliche Bestandteile des Grundstücks geworden, sie sind aber nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden, § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dieser Zweck wird im Zeitpunkt der Verbindung (also bei Aussaat oder Pflanzung) festgelegt. Nach einhelliger Ansicht in Literatur und Rechtsprechung sind Weihnachtsbäume – wie auch der Baumbestand von Baumschulen oder zur Holzproduktion gepflanzte Bäume – typischerweise Scheinbestandteile von Grundstücken. Dies ergibt sich auch aus der Absicht des Erwerbers, die Bäume der ursprünglichen Zweckbestimmung folgend zu entnehmen und als Weihnachtsbäume zu verkaufen.
Werden zusammen mit einem Grundstück weitere Gegenstände (körperliche Gegenstände, Rechte) veräußert, die nicht unter den Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG fallen, ist der Aufwand für diesen Erwerb regelmäßig nicht zur Gegenleistung zu rechnen, weil insoweit keine Leistung für den Erwerb des Grundstücks vorliegt (BFH, Beschluss v. 3.6.2020, II B 54/19).
Das FG kam somit zum Ergebnis, dass die Gegenleistung, soweit sie auf die Weihnachtsbaumkulturen entfällt, nicht der GrESt zu unterwerfen ist, weil insoweit kein steuerbarer Vorgang vorlag. Soweit die Kaufpreiszahlungen auf die Grundstücke entfielen (225.000 EUR + 20.000 EUR), war GrESt festzusetzen.
4 Urteil BFH
Dem ist der BFH gefolgt. Er hat zusätzlich ausgeführt, dass es nicht auf die Dauer der Verbindung ankommt. Ein vorübergehender Zweck ist auch dann gegeben, wenn die spätere Wiedertrennung erst nach langer Dauer zu erwarten ist. Der Eigenschaft als Scheinbestandteil steht es auch nicht entgegen, wenn der Baum beim Entfernen als lebender Organismus zerstört wird und ein nicht mehr lebensfähiger Rest (Wurzeln mit Baumstumpf) weiter mit dem Grundstück verbunden ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Weihnachtsbaumkultur nach außen hin als solche (z. B. aufgrund Reihenpflanzung) erkennbar ist. Auch eine äußerlich ungeordnetere Anpflanzung widerspricht der Zweckbestimmung des Weihnachtsbaumeinschlags nicht. Somit unterliegt im entschiedenen Fall nur der reine Grundstückskaufpreis der GrESt. Die miterworbenen Weihnachtsbaumkulturen sind nicht steuerbar.
5 Entscheidung
BFH, Urteil v. 23.2.2022, II R 45/19