Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 25 Abs. 5 WEG, § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, § 28 Abs. 4, 5 WEG, § 43 WEG,
Kommentar
In einem Fall, in dem von einem EigentümerSchadenersatz gegen den Verwalter geltend gemacht wurde mit der Begründung, die Gemeinschaft sei mit Forderungen gegen eine zwischenzeitlich in Konkurs gegangene Firma ausgefallen, und dieser Umstand wäre nicht eingetreten, wenn der Verwalter die Forderung früher geltend gemacht hätte, hat der BGH entschieden:
1. Ob der einzelne Wohnungseigentümer einen der Gemeinschaft der Eigentümer zustehenden Anspruch gegen den Verwalter nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG gerichtlich geltend machen kann, betrifft die Frage der Zulässigkeit des Antrages. Besteht hier keine Anspruchsgrundlage eines eigenständigen Anspruches, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Eine Antragsbefugnis ergibt sich nicht bereits aus § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG, da sowohl § 43 Abs. 1 Nr. 1 als auch Nr. 2 eine Zuständigkeitsregelung darstellen (Prozessgericht oder Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Nicht ergibt sich jedoch aus § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG, dass ein einzelner Eigentümer auch Ansprüche geltend machen könne, die den Eigentümern gemeinschaftlich gegen den Verwalter zustehen.
2. Der einzelne Eigentümer kann einen der Gemeinschaft der Eigentümer zustehenden Anspruch gegen den Verwalter nicht ohne einen dahingehenden Beschluss der Gemeinschaft gerichtlich geltend machen. Insoweit wurde die entgegenstehende Entscheidung des BayObLG (RPfl. 84, 62) aufgehoben, die noch eine solche Anspruchsmöglichkeit eines einzelnen Eigentümers bejahte.
Es handelt sich hier bei dem geltend gemachten Anspruch um einen solchen, bei dem die Gemeinschaftsbezogenheit berücksichtigt werden müsse. Entgegen dem Bruchteilsgemeinschaftsrecht ist im Wohnungseigentumsrecht die Gemeinschaftsbezogenheit viel stärker detailliert geregelt als im BGB. Dies ergibt sich schon aus § 28 Abs. 4 und Abs. 5 WEG und wird nochmals durch § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG unterstrichen.
Diese Bestimmungen können nicht nur auf das Innenverhältnis beschränkt werden, sondern müssen auch für das Außenverhältnis als maßgebend angesehen werden. Nicht jedes Verfahren dieser Art muss im Interesse aller anderen Wohnungseigentümer liegen, berücksichtigt man - gerichtsbekannt - querulatorisch veranlagte Eigentümer, die mit solchen Verfahren das möglicherweise gute Verhältnis zu einem tüchtigen Verwalter gefährden, der wegen wiederholter Streitigkeiten mit einem uneinsichtigen Wohnungseigentümer dann sogar den Verwaltervertrag kündigen kann. Ein Eigentümer muss hier erreichen, dass es zu einem Beschluss über die Verfahrensführung kommt; andernfalls muss auch für ihn der Wille der Eigentümermehrheit (z. B. kein Verfahren zu führen) verbindlich sein.
3. Ein Wohnungseigentümer, der zugleich Verwalter ist, ist auch dann nach § 25 Abs. 5 WEG nicht stimmberechtigt, wenn er nicht in seiner Eigenschaft als Wohnungseigentümer, sondern als Verwalter gerichtlich in Anspruch genommen werden soll.
Link zur Entscheidung
( BGH, Beschluss vom 15.12.1988, V ZB 9/88= NJW 1989, 1091)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
Diese Entscheidung werden insbesondere Verwalter begrüßen, da es tatsächlich häufig nicht dem Mehrheitswillen der Eigentümer entsprechen dürfte, grundsätzlich der Gemeinschaft zustehende Schadenersatzansprüche gegen einen Verwalter mit all den damit verbundenen Risiken (insbesondere Kostenrisiken) geltend zu machen [vgl. auch nachfolgend OLG Düsseldorf, Beschluss v. 28.04.1989, 3 Wx 143/89= NJW-RR 1989, 978].
Zu begrüßen ist auch der Hinweis des Gerichts auf die strengere Gemeinschaftsgebundenheit gemeinschaftlicher Ansprüche im Vergleich zum reinen Bruchteilsrecht.
Dass jedoch im vorliegenden Fall die actio pro socio vom BGH nicht eingehender diskutiert wurde, überrascht. Immerhin besteht ein Verwaltervertrag mit allen Rechten und Pflichten - sozusagen als gebündelter einheitlicher Vertrag in gleichlautender Form - mit einem jeden einzelnen Eigentümer, der daraus wohl auch Ansprüche individuell geltend machen könnte, wenn auch aufgrund der Gemeinschaftsbezogenheit der Verwalterarbeit mit Leistung an alle Eigentümer (ohne beschlussweise Genehmigung eben auch mit alleinigem Kostenrisiko). Auch Weitnauer als Vertreter seiner nach dem individualistischen Bruchteilsgemeinschaftsrechts des BGB orientierten Erfassung des Wohnungseigentums dürfte diese Entscheidung nicht uneingeschränkt bejahen.
Sicher nicht haltbar ist darüber hinaus die Argumentation des BGH, dass ein Verwalter selbst bei wiederholten Rechtsstreitigkeiten eines einzelnen uneinsichtigen Eigentümers den Verwaltervertrag (gegenüber allen Eigentümern) kündigen könnte. Im vorliegenden Fall ist sicher der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht völlig abwegig; von wiederholter querulatorischer Verfahrensführung kann wohl ebenfalls nicht ausgegangen werden. Selbst einen solchen Sachverhalt unterstellt, ist ein Verwalter grundsätzlich nicht berechtigt, einen bestehenden Vertrag vor Ablauf einer vereinbarten Amtszeit zu künd...