Rz. 1

Die §§ 116125 GBO regeln das Verfahren zur Anlegung eines Grundbuchblattes für ein bisher nicht gebuchtes Grundstück. Die Vorschriften wurden als 6. Abschnitt durch das Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz (RegVBG) vom 20.12.1993[1] eingefügt. Das Verfahren zur Anlegung eines Grundbuchblattes war zunächst in den §§ 717 der Verordnung zur Ausführung der Grundbuchordnung (AVOGBO) vom 8.8.1935[2] geregelt.[3]

Das Verfahren ist von Amts wegen durchzuführen, wenn das Grundstück dem Buchungszwang unterliegt und das Grundbuchamt durch eine Mitteilung des Liegenschaftskatasters Kenntnis von seiner Existenz erlangt. Bei nach § 3 Abs. 2 GBO buchungsfreien und bisher nicht gebuchten Grundstücken erfolgt die Anlegung von Amts wegen, wenn über das Grundstück verfügt werden soll, ansonsten auf Antrag des Eigentümers.

Das Verfahren der Anlegung eines Grundbuchblattes hat wenig praktische Bedeutung, da selbst für buchungsfreie Grundstücke heute regelmäßig Grundbücher angelegt sind. Das Verfahren hatte nach Inkrafttreten der GBO Bedeutung in den Ländern des Deutschen Reiches, welche noch kein Grundbuch hatten. Dort war auch die Frage der Feststellung des Eigentums relevant, wenn nach der jeweiligen Rechtsordnung ein Eigentumserwerb außerhalb des Grundbuchs erfolgen konnte.[4] Heute kann eine Grundbuchblattanlegung in Betracht kommen, wenn für nicht gebuchte Gewässergrundstücke ein Grundbuch angelegt werden soll. Dabei sind das Wasserhaushaltsgesetz v. 31.7.2009 (BGBl I 2009, S. 2585) und landesrechtliche Gesetze zum Eigentum und zur Unterhaltungslast zu beachten.[5] Eine Grundbuchblattanlegung muss auch dann erfolgen, wenn ein Flurstück aufgrund Neuvermessungen und Flächenkorrekturen neu gebildet wurde. Hier ist natürlich festzustellen, dass das Flurstück als Teil der Erdoberfläche bereits vorhanden war und bereits als Teil anderer Flurstücke gebucht war. Mit einer Flächenkorrektur und dem möglichen Neuentstehen als eigenes Flurstück ist damit kein Eigentumswechsel verbunden.

 

Rz. 2

Das Anlegungsverfahren ist insbesondere dann durchzuführen,

wenn ein Grundstück bei der erstmaligen Anlegung des Grundbuches versehentlich nicht gebucht worden ist;
wenn im Rahmen von Flächenberichtigungen bei Grundstücksveränderungen ein neues Grundstück gebildet wird;
wenn über ein buchungsfreies Grundstück verfügt wird; die Anlegung erfolgt auch auf Antrag des Eigentümers oder Berechtigten (§ 3 Abs. 2 GBV);
wenn bei Grenzregulierungen ein bisher im Ausland gelegenes Grundstück dem Bundesgebiet einverleibt wird.
 

Rz. 3

In den neuen Bundesländern war die Anwendung der §§ 116 ff. GBV streitig bei der Anlegung eines Grundbuchblattes für selbstständiges Gebäudeeigentum. Mit der Regelung des Art. 233 § 2b Abs. 2 EGBGB und der Einführung der Gebäudegrundbuchverfügung (GGV) wurde diese Frage geklärt (eingehend: § 1 GGV Rdn 10 ff.). Im Unterschied zur Anlegung eines Grundbuchblattes für ein nicht gebuchtes Grundstück geht es bei der Anlegung eines Gebäudegrundbuchblattes aber nicht nur um die Frage, wer Eigentümer ist, sondern entscheidend darum, ob überhaupt Gebäudeeigentum besteht (vgl. § 3 Einl. Rdn 227 ff.). Diese Rechtsfrage und Feststellung wird von den §§ 116 ff. GBO nicht geregelt.

[1] BGBl I 1993, S. 2182.
[2] RGBl I 1935, S. 1089.
[3] Eingehend auch Meikel/Schneider, Vor §§ 116 ff. Rn 1, 43 ff.
[4] Eingehend Meikel/Schneider, § 123 Rn 13 ff.
[5] Eingehend Meikel/Schneider, § 116 Rn 7 ff.

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