A. Allgemeines
Rz. 1
§ 3 GBO enthält den Grundsatz des Realfoliums und Grundsatz des Buchungszwanges für alle Grundstücke. Er regelt aber auch Ausnahmen, wozu auch die Möglichkeit der selbstständigen Buchung ideeller Miteigentumsanteile gehört.
Die Vorschrift ist im Hinblick auf die Anteilsbuchung durch das RegVBG vom 20.12.1993 neu gefasst worden. Hierbei wurden die Absätze 4 bis 9 an Stelle des früheren Abs. 3 eingefügt.
B. Die Grundsätze des Buchungszwanges
I. Begriff
Rz. 2
Für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte (§ 118 Abs. 2 GBO) besteht, soweit das Gesetz Ausnahmen nicht ausdrücklich zulässt, Buchungszwang. Die Einbuchung von Grundstücken erfolgt im Verfahren nach den §§ 116 ff. GBO von Amts wegen mit Ermittlung des Eigentümers. Die Buchung eines grundstücksgleichen Rechts (Erbbaurecht, Bergwerkseigentum) erfolgt je nach Vorschrift von Amts wegen (§ 9 Abs. 1 BBergG) oder auf Antrag (§ 14 ErbbauRG).
Unerheblich ist dabei, ob sie dem Rechtsverkehr unterliegen oder nicht, ausgenommen sind nicht eigentumsfähige Bodenflächen. Miteigentumsanteile sind auf Dauer buchungsfähig nur dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 4 vorliegen (siehe unten Rdn 8 ff.) oder wenn mit ihnen Sondereigentum i.S. des § 1 Abs. 2 WEG verbunden ist.
Nicht buchungsfähig sind wesentliche Bestandteile eines Grundstückes (§§ 93, 94 BGB), sie haben keine eigenständige Sacheigenschaft. Als Ausnahme ist das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGB bestehende Stockwerkseigentum anzusehen, das nach Art. 182 EGBGB bestehen geblieben ist. Anliegerwege oder Anliegergewässer sind Bestandteile des jeweiligen Grundstücks, insbesondere ist die Wasserfläche Bestandteil des Ufergrundstücks. Der Eigentümer des Ufergrundstücks ist auch Eigentümer der Wasserteilfläche.
Rechtlich selbstständiges Gebäudeeigentum im Beitrittsgebiet stellt keine Ausnahme dar, weil das Gebäude kein Grundstücksbestandteil ist (Art. 231 § 5 Abs. 1 EGBGB). Der Buchungszwang ergibt sich hierbei auch aus Art. 233 § 4 Abs. 1 S. 2 und 3 EGBGB; zu seiner Buchung siehe die Kommentierung zur GGV.
II. Das Realfolium
Rz. 3
Abs. 1 enthält den Grundsatz der gesonderten Buchung jedes einzelnen Grundstückes auf einem eigenen Grundbuchblatt (Grundsatz des sog. Realfoliums). Ausnahmen von diesem Grundsatz regelt § 4 GBO.
Widersprechende Doppelbuchungen von Grundstücken nehmen nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil. Sie müssen nach § 38 GBV beseitigt werden; eine Löschung einer der sich widersprechenden Eintragungen kommt nicht in Betracht.
Das Grundbuchblatt ist nach Abs. 1 S. 2 als "das Grundbuch" i.S. des BGB anzusehen. Die Vorschriften des BGB, die von Eintragungen im Grundbuch sprechen und daran materielle Wirkungen knüpfen (vgl. §§ 873, 875, 879 bis 883, 891, 892 BGB) werden durch §§ 3 und 4 GBO ergänzt; sie regeln, was unter dem "Grundbuch" i.S. dieser Vorschriften zu verstehen ist. Nicht das gesamte Grundbuch des Grundbuchamtes, nicht das Grundbuch eines Grundbuchbezirkes, sondern nur das Grundbuchblatt des Grundstücks bildet sein Grundbuch i.S.d. materiell-rechtlichen Vorschriften. Hier müssen die in §§ 873, 875 BGB vorgesehenen Rechtsänderungen eingetragen werden, um materiell wirksam zu sein und um die Vermutungen des § 891 BGB zu begründen; der Inhalt dieses Blattes allein ist für den öffentlichen Glauben des Grundbuchs maßgebend.
In diesem Zusammenhang ist es auch fragwürdig, wenn § 5 Abs. 2 S. 4 GGV die Eintragung von Verfügungsbeeinträchtigungen in Bezug auf einen Gebäudeeigentümer nicht im Gebäude-, sondern in Abt. II des Grundstücksgrundbuches bei der sog. Korrespondenzeintragung (§§ 5, 6 GGV) anordnet (dazu siehe § 5 GGV Rdn 6).
Rz. 4
Andererseits bildet das ganze Blatt das Grundbuch im materiell-rechtlichen Sinne, und zwar ohne Rücksicht auf die Einteilung in Abteilungen (§ 4 GBV). Diese Einteilung beruht auf technischen Vorschriften, die zur Erleichterung der Übersicht gegeben sind (vgl. die Bem. zu § 4 GBV), aber keine materielle Bedeutung haben. Eine Hypothek ist wirksam entstanden, auch wenn sie versehentlich etwa in Abt. II anstatt in Abt. III gebucht ist. Doch ist im Falle einer an unrichtiger Stelle erscheinenden Buchung immer genau zu prüfen, ob es sich wirklich um eine Buchung i.S. des materiellen Rechts handelt und nicht vielleicht nur um eine hinweisende Bemerkung. Nur ausnahmsweise, wenn nämlich das materielle Recht selbst einer Eintragung einen bestimmten Platz im Grundbuch zuweist, wie etwa im Falle des § 881 Abs. 2 Hs. 2 BGB, muss die Eintragung zur Erreichung materieller Wirksamkeit auch an dieser Stelle des Blattes erfolgen.
Das materielle Recht allein entscheidet darüber, welches Grundbuchblatt für die Eintragung in Frage kommt; § 3 GBO sagt hierüber nichts. Aus den Vorschriften des §§ 873 ff. BGB folgt, dass stets das Blatt des betroffenen Grundstücks...