Gesetzestext
(1) Unternehmen, die Anlagen zur Fortleitung von Elektrizität, Gas, Fernwärme, Wasser oder Abwasser oder Telekommunikationsanlagen betreiben (Versorgungsunternehmen), kann die Einsicht in das Grundbuch in allgemeiner Form auch für sämtliche Grundstücke eines Grundbuchamtsbezirks durch das Grundbuchamt gestattet werden, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Einsicht darlegen. Ein berechtigtes Interesse nach Satz 1 liegt in der Regel vor, wenn
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Anlagen nach Satz 1 im Grundbuchbezirk belegen sind oder |
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konkrete Planungen für Änderung, Erweiterung oder Neubau von Anlagen nach Satz 1 betrieben werden, insbesondere dann, wenn die Erweiterung oder der Neubau im nach § 12c Absatz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes bestätigten Netzwerkentwicklungsplan enthalten ist. |
Wird die Gestattung befristet erteilt, sollte die Befristung nicht unter einem Zeitraum von drei Jahren liegen.
(2) Soweit die Grundbuchblätter, in die ein Versorgungsunternehmen aufgrund einer Genehmigung nach Absatz 1 Einsicht nehmen darf, maschinell geführt werden, darf das Unternehmen die benötigten Angaben aus dem Grundbuch anfordern. Die Übermittlung kann auch im automatisierten Verfahren erfolgen. Die Einzelheiten dieses Verfahrens legt die in § 81 Abs. 2 bestimmte Stelle fest.
Rz. 1
Die aufgrund der 2. EDVGB-ÄndV neu geschaffene Vorschrift trägt dem Bedürfnis der Versorgungsunternehmen (Legaldefinition) Rechnung, ihre Rechte aus den Verordnungen über die allgemeinen Versorgungstarife rationeller überprüfen zu können. In diesen Fällen ist die Einsichtnahme in eine Vielzahl von Grundbuchblättern erforderlich, was bei einer Einzeleinsichtnahme nur mit großem Aufwand zu verwirklichen ist. Durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus wurden die Anforderungen an das berechtigte Interesse definiert, um einer uneinheitlichen Praxis bei der Ermessensausübung entgegenzuwirken, Abs. 1 Sätze 2 und 3 angefügt mit Wirkung zum 17.5.2019.
Inwieweit das Gigabit-Grundbuch als Vorhaben der aktuellen Bundesregierung hier gegebenenfalls auch Ausweitungen bringen wird bringen wird, ist derzeit nicht abzusehen.
Rz. 2
Auch im Rahmen von § 86a GBV ist zu beachten, dass ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme in jedes einzelne betroffene Grundbuchblatt gegeben sein muss. Durch die Einführung von Regelfallbeispielen wurde der Ermessensspielraum eingeengt. Die im Jahr 2019 erfolgte Gesetzesänderung soll eine zu große Ausdifferenzierung des Ermessens im Interesse eines (zügigen) bundeseinheitlichen Leitungsausbaus vermeiden helfen. Die Vorgabe in § 86a Abs. 1 S. 3 GBV für die Befristung sollte nach der ursprünglichen Begründung sogar fünf Jahre umfassen und wurde im Gesetzgebungsverfahren auf drei Jahre verkürzt. Damit dürfte auch die Beschränkung auf einzelne Gemarkungen (dazu 8. Aufl. § 86a GBV Rn 2) grundsätzlich im Rahmen der Ermessensausübung nicht mehr gefordert werden, wenn der Versorger nicht von sich aus die Beschränkung vornimmt.
Rz. 3
Die Form der Einsichtnahme und ihrer technischen Realisierung ist in § 86a GBV nicht festgelegt. Bei maschineller Grundbuchführung hat jedoch gerade für diese Fälle das maschinelle Abrufverfahren nach §§ 80 ff. GBV erhebliche Vorteile. § 86a Abs. 2 S. 2 GBV erweitert deshalb den Kreis der möglichen eingeschränkten, d.h., von der Darlegung des berechtigten Interesses nicht befreiten Abrufberechtigten entsprechend.
Rz. 4
Zur kodierten Darlegungserklärung siehe § 82 GBV Rdn 9 f., zu den Einzelheiten der Zulassung vgl. § 81 GBV Rdn 7 ff. und zur Kontrolle der Benutzung des Abrufverfahrens vgl. §§ 83, 84 GBV.