Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 1 Abs. 4 WEG, § 3 WEG, § 8 WEG
Kommentar
Überraschend hat es der Rechtspfleger beim Grundbuchamt Fürth abgelehnt, behördlich als abgeschlossen bescheinigtes Sondereigentum (Teileigentum) an Tiefgaragenstellplätzen einzutragen. Begründet wird dies damit, dass Stellplatz-Sondereigentum nur gebildet werden könne, wenn sich das Gebäude auf einem Grundstück befinde; im vorliegenden Fall erstrecke sich die Tiefgarage jedoch über drei rechtlich selbstständige Grundstücke, sodass kein abgeschlossener Raum als Voraussetzung für Garagenstellplätze vorliege.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth bestätigte diese Eintragungszurückweisung. Es vertrat die Auffassung, dass ein zu errichtendes Gebäude nach § 8 WEG nach den Vorstellungen des Gesetzes auf einem Grundstück im Rechtssinne stehen müsse ( § 3 WEG), wobei nach allgemeiner Meinung dieses Bauwerk umschlossen sein müsse (OLG Hamm, RPfl. 76/317, 319). Im vorliegenden Fall würde sich der Miteigentumsanteil eines Stellplatz-Sondereigentums auf das Gemeinschaftseigentum an mehreren Grundstücken erstrecken, was nach § 1 Abs. 4 WEG nicht zulässig sei (BayObLG, DNotZ 1970, 602).
I. ü. seien die drei Tiefgaragen unter den einzelnen Wohnungsobjekten gegeneinander nicht abgegrenzt. Stellplätze könnten nur in abgeschlossenen Garagen begründet werden, die ihrerseits insgesamt in sich abgeschlossene Räume darstellen müssten, um den Erfordernissen des Raumeigentums nach § 1 Abs. 3 WEG zu genügen (vgl. auch § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG; OLG Hamm, NJW 75, 70 = DNotZ 75, 108).
Infolge fehlender, die einzelnen Bauabschnitte eindeutig zugeordneter Abmauerungsteile würde sich der Miteigentumsanteil der Tiefgaragenstellplätze somit unzulässigerweise auf mehrere Grundstücke erstrecken. Nach Flurkartenausschnitt 1:1.000 sei auch nicht sicher, dass sich alle Stellplätze genau auf dem Grundstück befänden, auf das sich die Teilungserklärung beziehe. Nicht erkennbar sei auch, welche dauerhaften Markierungen zur Abgrenzung des jeweiligen Sondereigentums vorgesehen seien.
Link zur Entscheidung
( LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 21.10.1987, 13 T 7256/87)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb unkd Veräußerung; Umwandlung
Anmerkung:
Diese Entscheidung ist abzulehnen. Sie rechtfertigt sich weder aus Wortlaut noch Sinn der zitierten Bestimmungen des WEG und würde i.Ü. in krassem Widerspruch stehen zur bisherigen Eintragungspraxis vieler Grundbücher bei ähnlich gelagerten Fallkonstellationen großstädtischer Eigentumswohnanlagen mit unterirdischen Tiefgaragen unter mehreren Grundstücksparzellen mit einheitlicher Zufahrt und Fahrflächen-Grunddienstbarkeiten zugunsten Eigentümer benachbarter Eigentümer.
§ 3 Abs. 2 WEG (eingefügt 1973 im Zuge einer Gesetzesreform) betrifft allein die Voraussetzungen der Abgeschlossenheit von Stellplätzen in Tiefgaragen und fordert dauerhafte Markierungen der Stellplätze zur wechselseitigen Sondereigentums-Abgrenzung und auch zur Abgrenzung des Gemeinschaftseigentums einer Gemeinschaft. Sonder- und Gemeinschaftseigentum muss allerdings nach h.R.M. nicht über gleiches Grundstück erreichbar sein; möglich sind auch Zugänge über Nachbargrundstücke. Dies kann jedoch nicht die Abgeschlossenheit von Sondereigentum nach § 3 Abs. 2 WEG in Frage stellen.
Gemeinschaftseigentum, d.h. eine Gesamttiefgarage, muss nicht abgeschlossenheitsbescheinigt sein. Das zitierte OLG Hamm steht dieser Rechtsfolge nicht entgegen. Durch Grundstücksgrenzen durchschnittene Tiefgaragenteile einer einheitlichen Tiefgarage sind jeweils sachenrechtlich (eigentumsrechtlich) Bestandteile der einzelnen WEG-Grundstücke. Unstreitig ist natürlich, dass Sondereigentum an einem einzelnen Stellplatz nicht begründet werden kann, wenn die rechtliche Grundstücksgrenze - nach unten in die Tiefgarage projiziert - z.B. "durch ein Sondereigentum" laufen sollte, also Sondereigentum durch eine Grundstücksgrenze "zerschnitten" werden sollte. Das Grundbuchamt kann auch nicht bauliche Nachweise einer dauerhaften Markierung von Sondereigentums-Stellplätzen im Detail fordern, also nach dem Material der Markierung fragen. Ziel der gerichtlichen Prüfung ist es nur, offensichtliche Unrichtigkeiten und Abweichungen vom Gesetz zu verhindern.
Die Entscheidung steht auch im Widerspruch zu den Entscheidungen des LG Bonn (MittBayNot 1973, 14) und des LG Düsseldorf (MittRhNot 1985, 126; vgl. auch OLG Düsseldorf DNotZ 1987, 235 = WE 1987, 124).
Auf die überzeugende Kritik von Notar Friedrich Schmidt zu dieser Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth in WE Heft 1 oder 2/1988 darf verwiesen werden, der abschließend bemerkt, dass es bedauerlich sei, dass solche Entscheidungen immer wieder unnötigerweise Schatten auf das WEG werfen.