Entscheidungsstichwort (Thema)
Musterbedingungen des GdV
Leitsatz (amtlich)
Der wegen eines Kfz-Diebstahls auf Entschädigungsleistung in Anspruch genommene Kaskoversicherer kann sich mit Erfolg auf Leistungsfreiheit wegen einer arglistigen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit berufen, wenn der Versicherungsnehmer in dem Fragebogen des Versicherers nach dem Erhalt und dem Verlust von Fahrzeugschlüsseln bei dem Erhalt zwei statt drei angegeben hat und bei dem Verlust "keinen", obwohl sich nach seinen Angaben gegenüber der Polizei in dem gestohlenen Fahrzeug ein Schlüssel und die Fahrzeugpapiere befanden.
Normenkette
VVG n.F. § 28 Abs. 3 S. 2; AKB 2008 E. 1.3; AKB 2008 E. 6
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 43 O 18/10) |
Gründe
In dem Rechtsstreit A. ./. A.V.-AG beabsichtigt der Senat nach Vorberatung der Sache, die Berufung der Klägerin gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Der Senat misst dem Berufungsvorbringen der Klägerin keine Erfolgsaussicht bei. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert sie eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.
Der Senat hält die angefochtene Entscheidung des LG im Ergebnis für richtig.
Nach dem unstreitigen Sachverhalt ist der Klägerin der Vorwurf vorsätzlichen und arglistigen Verhaltens im Zusammenhang mit der ihr obliegenden Aufklärung nach Lit. E. 1.3 der vereinbarten AKB der Beklagten (Stand: 1.9.2008; Anlage B 1, Bl. 27) zu machen. Nach der genannten Vertragsbestimmung hat der Versicherungsnehmer alles zu tun, was der Aufklärung des Schadenereignisses dienen kann. Er hat insbesondere die Fragen des Versicherers zu den Umständen des Schadenereignisses wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Arglistiges Verhalten wird im Zusammenhang mit der Schadensabwicklung nach einhelliger Auffassung stets angenommen, wenn der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann, während eine Bereicherungsabsicht als Motiv nicht erforderlich ist (Prölss in Prölss/Martin, 28. Auf., VVG, § 28 Rz. 15 ff. mit Nachweisen der gefestigten Rechtsprechung des BGH).
Nach dem unstreitigen Sachverhalt hat die Klägerin verschiedene Fragen in dem Fragebogen der Beklagten unter dem 12.7.2009 (Anlage B 2, Bl. 30 ff.) objektiv falsch beantwortet.
- Die Klägerin hat auf die Fragen unter (Ziff. 5) falsch geantwortet. Auf die Frage nach der Anzahl der Schlüssel, die sie bei Erwerb des Fahrzeugs erhalten hatte, hat sie durch Ausfüllen des Fragebogens angegeben, dass sie insgesamt zwei Schlüssel - davon einen Schlüssel mit Fernbedienung und einen Notschlüssel- erhalten hatte. Die weitere Frage nach dem Verlust von Schlüsseln oder Bedienelementen verneinte die Klägerin durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens. Tatsächlich hatte sie seinerzeit beim Kauf des Fahrzeugs aber drei Schlüssel -zwei "normale" Schlüssel und einen Notschlüssel- erlangt. Einer dieser Schlüssel wurde von ihr, der andere ständig von ihrem Lebensgefährten genutzt. Der von ihr benutzte Schlüssel befand sich am Tag des behaupteten Diebstahlsgeschehens im versicherten Fahrzeug, wo die Klägerin ihn nach ihrem Vorbringen am gleichen Tag zuvor in einem Ablagefach der Armlehne deponiert und dort vergessen hatte.
- Unter Ziff. 2 des Frageformulars der Beklagten hat die Klägerin auf die Frage nach Gegenständen/Dokumenten, die zusammen mit dem Fahrzeug entwendet wurden, angegeben "Nokia Handy, ein Uhr, Ball von mein Sohn und sonstige kleine Sachen!", lässt den Fahrzeugschlüssel wie auch die Autopapiere, die nach ihren Angaben gegenüber der Polizei ebenfalls im Fahrzeug waren, aber objektiv wahrheitswidrig unerwähnt.
Der Klägerin ist bei diesem Sachverhalt der Vorwurf vorsätzlichen und arglistigen Verhaltens zu machen. Da die Klägerin nur wenige Wochen vor Ausfüllen des Frageformulars der Beklagten die Anzahl der Schlüssel gegenüber der Polizei korrekt angegeben hatte und der fehlende Schlüssel insbesondere im Zusammenhang mit dem behaupteten Diebstahl des Fahrzeugs abhanden gekommen war, drängt sich zwingend die Schlussfolgerung auf, dass die Klägerin ganz bewusst falsch geantwortet hat, um Komplikationen bei der Schadensabwicklung zu vermeiden. Andere Gründe als die nahe liegende Befürchtung, der Verlust eines Schlüssels in dem gegebenen Zusammenhang könnte die Beklagte veranlassen, ihre Leistung zu kürzen oder ganz zu verweigern oder zumindest Anlass sein, weitere Nachforschungen anzustellen und damit eine Regulierung des Schadens zu verzögern, sind hier nach dem Vorbringen der Klägerin nicht vorstellbar.
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Begründung des LG, dass nach dem gegebenen Sachverhalt eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Vortäuschung des Diebstahls seitens der Klägerin besteht, zu folgen ist.
2. Der Klägerin wird Gelegenheit ge...