Leitsatz (amtlich)
Zweifel an Sachkunde oder Unzulänglichkeiten mögen ein Gutachten entwerten, rechtfertigen für sich aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen. Das Prozessrecht gibt in den §§ 411, 412 ZPO den Parteien ausreichende Mittel an die Hand, solche Mängel zu beseitigen und auf ein Gutachten hinzuwirken, das als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung geeignet ist.
Normenkette
ZPO §§ 406, 411-412
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 03.01.2018 - 104a O 35/17 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf ein Drittel des Wertes des selbständigen Beweisverfahrens.
Gründe
Die gemäß §§ 406 Abs. 5, 567 ff. ZPO statthafte und zulässig eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen den Sachverständigen W. ist nicht begründet, § 406 ZPO. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss wird verwiesen.
1. Nach § 406 Abs. 1 S. 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen. die zur Ablehnung eines Richters berechtigen (§ 42 Abs. 2 ZPO), abgelehnt werden Für die Besorgnis der Befangenheit ist es nicht erforderlich, dass der vom Gericht beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit Dieser Anschein muss sich auf Tatsachen oder Umstände gründen. die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BGH, GRUR-RR 2008, 365).
Vorliegend fehlen genügende objektive Grunde. die in den Augen eines vernünftigen Dritten Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und Objektivität der Sachverständigen geben.
a) Soweit die Beklagte beanstandet, der Sachverständige habe Fragen nicht bzw. falsch, widersprüchlich und ohne hinreichende Begründung beantwortet (vgl. Seite 3 f der Beschwerdeschrift). wird das Ablehnungsgesuch auf Umstände gestutzt. die ihre Ursache in einer Auseinandersetzung mit dem sachlichen Inhalt des schriftlichen Ergänzungsgutachtens vom 16.05.2017 haben Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit mögen das Gutachten entwerten. rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit (BGH, Beschluss vom 15.03.2005 - VI ZB 74/04). Einer etwa mangelnden Sorgfalt eines Sachverständigen sehen sich beide Parteien in gleicher Weise ausgesetzt. Das Prozessrecht gibt in den §§ 411. 412 ZPO dem Gericht und den Parteien ausreichende Mittel an die Hand, solche Mängel zu beseitigen und auf ein Gutachten hinzuwirken. das als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung geeignet ist (BGH, Beschluss vom 15.03.2005 - VI ZB 74/04).
b) Die Besorgnis der Parteilichkeit eines Sachverständigen kann sich daraus ergeben, dass er auf Einwendungen und Vorhaltungen der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten derart unangemessen reagiert, dass bei verständiger Betrachtung ein Grund für die Annahme besteht, der Sachverständige stehe der Partei nicht mehr unvoreingenommen gegenüber, weil seine Äußerungen auf eine persönliche Betroffenheit und eine von der sachlichen Ebene losgelöste Emotionalität hindeuten, die auch eine vernünftig und verständig urteilende Partei befürchten lassen, der Sachverständige nehme Einwendungen und Vorhaltungen gegen sein Gutachten nicht mehr sachbezogen und neutral in seiner Bewertung auf. Diese Kriterien sind z.B. dann erfüllt, wenn Stellungnahmen des Sachverständigen den Verfahrensbevollmächtigten der ihn ablehnenden Partei abwertende, persönlich herabwürdigende, überflüssige, weil nicht veranlasste unsachliche Äußerungen enthalten (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 16.06.2017 - 6 W 251/17).
Nach diesen Maßstäben ergibt sich aus dem Schreiben der Sachverständigen vom 02.11.2017 kein begründeter Zweifel seiner Unparteilichkeit.
Die - in der Sache überflüssigen juristischen Ausführungen in dieser Stellungnahme lassen nicht auf eine der Beklagten gegenüber bestehende Voreingenommenheit schließen. Sie sind sachlich abgefasst. auch wenn der Sachverständige sich mit ihnen rechtlich klar positioniert. Eine Parteilichkeit lassen sie deswegen nicht erkennen. Dass sich der Sachverständige überhaupt rechtlich äußert. ist für sich genommen unschädlich (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.02 2013 - I-32 W 1/13 Rn. 18).
Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, in dem Schriftsatz der Beklagten vom 04.07.2017 würden "ausschließlich wertende Einwände" gegen die fachlichen sachverständigen Äußerungen. gegen seine Person und sein Vorgehen geliefert. liegt darin keine unsachliche, unangemessene Reaktion. Die Formulierung verletzt die Beklagte und Ihren Prozessbevollmächtigten nicht persönlich und setzt diese auch nicht persön...