Leitsatz (amtlich)

Verlangt der Kläger mit der Klage Feststellung, dass das Mietverhältnis ungekündigt fortbesteht und macht der Beklagte zugleich mit der Widerklage Zahlung einer über den Mietzins hinausgehenden Nutzungsentschädigung geltend, weil er die Auffassung vertritt, das Mietverhältnis sei beendet, so liegt keine Nämlichkeit von Klage und Widerklage i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG vor.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 25.08.2006; Aktenzeichen 29 O 322/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31.8.2006 wird der Streitwertbeschluss der Zivilkammer 29 des LG Berlin vom 25.8.2006 wie folgt abgeändert:

Der Streitwert wird auf 305.060 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Klägerin vom 31.8.2006 gegen den Streitwertbeschluss der Zivilkammer 29 des LG Berlin vom 25.8.2006 zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig. Den Prozessbevollmächtigten der Klägerin steht gem. § 32 Abs. 2 RVG ein eigenes Beschwerderecht zu. Die Beschwerde vom 31.8.2006 lässt zwar offen, ob die Beschwerde im Namen der Klägerin oder im Namen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingelegt wurde. Sie ist aber, da der Partei selbst mangels Beschwer kein Beschwerderecht zusteht, dahingehend auszulegen, dass sie im Namen der Prozessbevollmächtigten selbst eingelegt wurde. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 EUR, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG. Die Beschwerde ist rechtzeitig innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden.

Die Beschwerde hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist unbegründet, soweit sie geltend machen, dass es sich bei den von ihnen in der Klageschrift angekündigten Anträgen zu 1) und 2) "um zwei selbständige, von einander unabhängige Rechtsverhältnisse, die gem. § 16 Abs. 2 GKG jeweils mit einer Jahresmiete zu bewerten" seien, handele.

Den beiden mit der Klageschrift angekündigten Anträgen, die zum einen die Feststellung, dass die Klägerin nicht zur Herausgabe an die Beklagte verpflichtet ist und zum anderen die Feststellung, dass die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Beklagte zum 31.12.2006 unwirksam ist, zum Gegenstand haben, liegt der gleiche Streitgegenstand zugrunde wie dem letztlich in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Feststellung, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien ungekündigt fortbesteht.

Den Wert dieses Streitgegenstandes hat das LG zutreffend gem. § 41 Abs. 1 Satz 2 GKG nach der einjährigen Nettomiete i.H.v. (12 × 20.000 EUR) 240.000 EUR bemessen.

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist begründet, soweit sie geltend machen, dass der mit der Widerklage geltend gemachte Antrag auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung i.H.v. 5.000 EUR streitwerterhöhend zu berücksichtigen sei.

Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend, wenn Klage und Widerklage denselben Gegenstand betreffen. Vorliegend ist entgegen der vom LG in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Auffassung nicht von der Nämlichkeit des Streitgegenstandes auszugehen. Die Klägerin verlangt mit dem Klageantrag zu 1) die Feststellung, dass das Mietverhältnis ungekündigt, also auch im Monat Juni 2006, fortbesteht. Mit dem Klageantrag zu 2) macht die Klägerin die Feststellung geltend, dass der Nettomietzins weiterhin 20.000 EUR beträgt. Die Beklagte ihrerseits verlangt mit dem Widerklageantrag zu 2) von der Klägerin Zahlung einer über den Mietzins für den Monat Juni 2006 hinausgehenden Nutzungsentschädigung i.H.v. 5.000 EUR. Voraussetzung für die Annahme der Nämlichkeit der mit der Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche ist zum einen, dass der Anspruch, den der Kläger geltend macht und der Anspruch des Widerklägers nicht nebeneinander bestehen können (Peter Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 45 GKG, Rz. 10). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Der Klageantrag des Klägers und der Widerklageantrag der Beklagten schließen sich gegenseitig aus. Eine Verurteilung zur Zahlung von Nutzungsentschädigung wäre nur denkbar, wenn der Antrag auf Feststellung, dass das Mietverhältnis ungekündigt fortbesteht, abgewiesen werden würde. Andererseits kommt für den Fall der Feststellung, dass das Mietverhältnis ungekündigt fortbesteht, eine Verurteilung zur Zahlung von Nutzungsentschädigung nicht in Betracht.

Weitere Voraussetzung für die Annahme der Nämlichkeit von Klage und Widerklage ist darüber hinaus, dass Klage und Widerklage dasselbe Interesse betreffen (Peter Hartmann, a.a.O., § 45 GKG, Rz. 11). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben.

Das wirtschaftliche Interesse der beiden Anträge ist nicht identisch. Das Interesse der Klägerin läuft darauf hinaus, dass festgestellt wird, dass das Mietverhältnis fortbesteht und sie keine über den vereinbarten Mietzins hinausgehende Nutzungsentschädigung zu zahlen hat. Das Interesse der Beklagten...

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