Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 30.08.1989; Aktenzeichen 191 T 70/88) |
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 183/86) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 30. August 1989 – 191 T 70/88 (WEG) – wird, soweit über sie nicht durch den Teilbeschluß des Senats vom heutigen Tage entschieden ist dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt, dem auch die Kostenentscheidung vorbehalten bleibt.
Gründe
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat in der Versammlung vom 10. Juli 1986 zu 28 Tagesordnungspunkten Beschlüsse gefaßt. Die Antragsteller haben zahlreiche Beschlüsse angefochten. Über diese Anfechtungsanträge ist mit Ausnahme der zu den Tagesordnungspunkten 20 und 25 gefaßten Beschlüsse durch den Teilbeschluß des Senats vom heutigen Tage – bis auf die Kosten – abschließend entschieden worden.
Zu den Tagesordnungspunkten 20 und 25 hat die Wohnungseigentümergemeinschaft u.a. mit Mehrheit beschlossen, daß verspätet eingehende Zahlungen auf Wohngeld, Abrechnungsrückstände und Sonderumlagen „ohne Nachweis eines Schadens” bzw. als „pauschalierter Schadensersatzbetrag” mit 10 % p.a. zu verzinsen sind. Das Amtsgericht hat mit seinem Beschluß vom 12. Februar 1988 den fristgerechten Anfechtungsantrag der Antragsteller insoweit als unbegründet zurückgewiesen (Bd. III/Bl. 63 ff.). Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht mit seinem Beschluß vom 30. August 1989 beide Beschlüsse, soweit es die Zinsregelung betrifft, für ungültig erklärt (Bd. III/Bl. 176, 177). Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 3) mit seiner form- und fristgerecht eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde. Er ist der Ansicht, die Wohnungseigentümergemeinschaft könne mit Mehrheit beschließen, daß säumige Wohnungseigentümer auf Wohngeldschulden 10 % Verzugszinsen zu zahlen haben.
Der Senat möchte die Rechtsbeschwerde auch insoweit als unbegründet zurückweisen. Er sieht sich hieran jedoch durch die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 3. März 1988 – BReg. 2 Z 104/87 – in NJW-RR 1988, 847 und vom 16. Mai 1986 – 2 Z 68/85 – in WEZ 1987, 222 gehindert und Legt das Rechtsmittel insoweit daher dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor.
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat a.a.O. entschieden, daß ein Eigentümerbeschluß, wonach Verbindlichkeiten gegenüber der Gemeinschaft im Falle des Verzuges mit 15 % zu verzinsen sind, nicht zu beanstanden sei. Der Senat vermag dieser Entscheidung nicht zu folgen.
Entgegen der von dem Bayerischen Obersten Landesgericht vertretenen Ansicht verstößt der Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft, der dem säumigen Wohnungseigentümer als pauschalierten Schadensersatz aus Verzug einen höheren als den nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB zulässigen gesetzlichen Zins von 4 % auferlegt, gegen § 16 Abs. 2 WEG. Denn die von dem Bayerischen Obersten Landesgericht vertretene Ansicht führt zu der Konsequenz, daß der Wohnungseigentümerbeschluß, der die Pauschalierung festlegt, Zahlungspflichten nicht nur fällig stellen, sondern neu begründen kann. Insoweit nämlich, als die in dem Beschluß festgelegte Zinspauschale den durch den Verzug tatsächlich entstandenen Schaden überschreitet, wird eine durch die Kosten und Lasten der Gemeinschaft nicht gedeckte originäre Zahlungspflicht neu begründet. Zur Begründung solcher Zahlungspflichten, die über die gesetzliche Grundlage des § 16 Abs. 2 WEG hinausgehen, fehlt der Mehrheit der Wohnungseigentümer jedoch die gesetzliche Ermächtigung (so auch OLG Celle, ZMR 1985, 103).
Das Bayerische Oberste Landesgericht und Stimmen in der Literatur (von Rechenberg WEZ 1987, 227; Korff DWE 1985, 88; Sauren ZMR 1985, 103) begründen die abweichende Rechtsauffassung im Kern mit den Schwierigkeiten, einen der Wohnungseigentümergemeinschaft entstandenen Verzugsschaden konkret darzulegen und zu beweisen. Es ist nicht zu verkennen, daß diese Bedenken erhebliches Gewicht haben. Gleichwohl können sie es nicht rechtfertigen, daß den Wohnungseigentümern die Rechtsmacht zuerkannt wird, durch Mehrheitsbeschluß einzelnen Wohnungseigentümern Lasten aufzuerlegen, die im Gesetz jedenfalls insoweit keine Grundlage haben, als ihnen ein konkret entstandener Verzugsschaden nicht zugrundeliegt. Erwägungen der Praktikabilität können die fehlende Ermächtigungsgrundlage für eine Regelung durch einen Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ersetzen.
Aus diesem Grunde hat der Senat bereits mit Beschluß vom 21. Dezember 1988 – 24 W 5948/88 – in NJW-RR 1989, 329 in einem obiter dictum entschieden, daß durch Mehrheitsbeschluß ein Anspruch auf pauschalierte Verzugszinsen nicht begründet werden kann. Der Senat hält aus den oben dargelegten Gründen an dieser Rechtsprechung fest.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Bundesgerichtshof vorbehalten, weil erst mit dessen Entscheidung der Erfolg der Rechtsmittel abschließend zu beurteilen ist.
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