Leitsatz (amtlich)

Verbrauch des Wahlrechts nach § 35 ZPO als mögliches Hindernis bei der Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

 

Tenor

Das LG Nürnberg wird als das für den derzeit bei dem LG Berlin anhängigen Rechtsstreit betreffend die Klage vom 30.12.2004 örtlich zuständige Gericht bestimmt.

 

Gründe

Die Voraussetzung für eine Bestimmung der Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor. Denn mit der Klage nehmen die Kläger die Antragsgegner als Streitgenossen - gesamtschuldnerisch - in Anspruch, und ein gemeinsamer allgemeiner und besonderer Gerichtsstand ist nicht ersichtlich.

Aus den Gründen der Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 1.4.2005 ist es zweckmäßig, das LG Nürnberg zu bestimmen. Zwei der Antragsgegner haben dort entweder ihren Geschäftssitz bzw. ihren allgemeinen Gerichtsstand. Zwei weitere Antragsgegner haben ausdrücklich die Bestimmung dieses Gerichts angeregt. Ein besonderer örtlicher Bezug des Rechtsstreits zu Berlin ist demgegenüber nach Aktenlage nicht ersichtlich. Auch der Umstand, dass die Klage bereits bei dem LG Berlin anhängig ist, kann nicht ausschlaggebend sein, da es die Antragsteller sonst in der Hand hätten, die Zuständigkeitsbestimmung zu präjudizieren. Ferner hat sich auch der Antragsteller mit der Bestimmung des LG Nürnberg einverstanden erklärt.

Demgegenüber fällt nicht ausschlaggebend ins Gewicht, dass sich eine Antragsgegnerin - die Antragsgegnerin zu 6) - gegen die Bestimmung des LG Nürnberg gewandt hat, zumal auch ihr als über Berlin hinaus werbend tätiger Bank eine Prozessführung in Nürnberg ohne weiteres zumutbar ist.

Der Bestimmung des LG Nürnberg steht i.E. auch nicht entgegen, dass die Klägerin bereits die Klage bei einem Gericht - dem LG Berlin - eingereicht hat, das örtlich für mehrere Antragsgegner - die Antragsgegner zu 1), zu 2) und zu 6) - als Gericht des allgemeinen Gerichtsstand an sich zuständig wäre. Zum einen ist der Akte nicht zu entnehmen, ob die Klageschrift bereits wirksam zugestellt und damit die Klage im Rechtssinne erhoben worden ist. Selbst wenn dies, angesichts des Zeitablaufs nahe liegend, anzunehmen wäre, so ist zu berücksichtigen: Eine Partei, die mehrere Beklagte, die keinen allgemeinen oder besonderen Gerichtsstand haben, in Anspruch nimmt, verbraucht regelmäßig ihre Möglichkeit, ein Zuständigkeitsbestimmungsverfahren durchführen zu lassen, wenn sie gegen einzelne Beklagte in einem für diese zuständigen Gericht Klage erhebt; dies jedenfalls dann, wenn dieses Gericht nicht das Gericht ist, das im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ohnehin zu bestimmen wäre. Denn der Ausspruch nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist regelmäßig nur darauf gerichtet, eine zusätzliche Zuständigkeit zu begründen. Er soll aber nicht ein ursprünglich zuständiges Gericht zu einem unzuständigen machen.

Ein Verbrauch der Möglichkeit, ein Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu betreiben, ist aber dann nicht anzunehmen, wenn das Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 zu einem Zeitpunkt anhängig gemacht worden ist, in dem die Klage noch nicht erhoben war. Unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie, dem das Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO dient, kann der die Bestimmung beantragenden Partei nicht angelastet werden, wenn auf Grund der Dauer des Verfahrens nachträglich - d.h. nach Anbringung des Bestimmungsantrags - die Voraussetzungen für eine Bestimmung entfallen.

Da hier der Bestimmungsantrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu einem Zeitpunkt bei dem Senat eingereicht wurde, zu dem die Klageschrift noch nicht zugestellt sein konnte, kann von einem Verbrauch der Möglichkeit, ein Bestimmungsverfahren auch hinsichtlich des LG Nürnberg gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO herbeizuführen, nach alledem nicht die Rede sein. Daraus folgt, dass ein entsprechender Beschluss und eine anschließende Verweisung des Rechtsstreits nach Nürnberg durch das LG Berlin nach wie vor möglich ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1412884

OLGR-Ost 2005, 1007

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