Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 12.12.2013; Aktenzeichen 13 O 49/13) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 12.12.2013 verkündete Teilurteil des LG Berlin - 13 O 49/13 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
Gründe
Der Senat ist einstimmig der Überzeugung, dass die nach §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung auf der Grundlage des gemäß § 529 i.V.m. § 531 ZPO in der Berufungsinstanz noch zu berücksichtigenden Vorbringens der Parteien offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nach mündlicher Verhandlung nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung auch nicht aus sonstigen Gründen geboten ist.
Zur Begründung weist der Senat auf Folgendes hin:
I. Das LG hat der Widerklage, soweit diese entscheidungsreif war, zu recht stattgegeben.
1. Die Beklagte ist aufgrund des gemeinschaftlichen Testamentes ihrer Eltern vom 3.5.1966 Alleinerbin in Form der befreiten Vorerbin ihrer Mutter geworden, denn diese war von den Bindungen des gemeinschaftlichen Testamentes nicht nach §§ 2271 Abs. 2 S. 2, 2294, 2333, 2336 BGB befreit.
a. Einer Erbenstellung der Beklagten steht die Vermutungswirkung des dem Kläger erteilten Erbscheins nach § 2365 BGB schon deshalb nicht entgegen, weil diese bereits aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes entkräftet ist. Die testamentarischen Erbeinsetzungen des Klägers vom 24.8.2011 und 19.3.2003 sind nach § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich unwirksam, weil die Erblasserin an ihre in dem Ehegattentestament vom 3.5.1966 zugunsten der Beklagten getroffene letztwillige Verfügung, die nach § 2270 Abs. 2 BGB als wechselbezüglich anzusehen ist, nach dem Tode des Vaters der Beklagten gebunden war und diese nicht nach § 2258 Abs. 1 BGB durch hiervon abweichende letztwillige Verfügungen zugunsten des Klägers widerrufen konnte. Etwas anderes kann nach § 2271 Abs. 2 S. 2 BGB nur gelten, wenn sie nach §§ 2294, 2336 BGB zur Aufhebung ihrer letztwilligen Verfügung vom 3.5.1966 berechtigt gewesen wäre. Das setzt eine zum Entzug des Pflichtteils berechtigende Verfehlung der Beklagten i.S.d. § 2333 Abs. 1 BGB voraus. Deren Bestehen wird aber nicht von der Vermutungswirkung des § 2365 BGB erfasst, denn dabei handelt es sich um eine Rechtsvermutung und nicht um eine Tatsachenvermutung (vgl. RG Gruchot 57, 1021; Münchner-Kommentar- Mayer, BGB, 6. Auflage 2013, Rn 6 zu § 2365 BGB; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl. 2002, Rn 1 zu § 2365 BGB; Staudinger-Herzog, BGB, 2010, Rn. 13 zu § 2365 BGB). Auf die dem Erbrecht zugrunde liegenden Tatsachen oder andere Rechtsverhältnisse erstreckt sich diese Vermutung nicht. So beweist der Erbschein auch nicht die Richtigkeit der Unterlagen, die das Nachlassgericht zur Überzeugung von der Richtigkeit des Erbrechts führten (KG OLGE 42, 145).
b. Darüber hinaus folgt der Senat der Auffassung des LG, dass dem Erbschein im vor dem Prozessgericht geführten Rechtsstreit zweier Erbprätendenten keine Wirkung zukommt (so jedenfalls für die Frage der Testamentsauslegung: BGH NJW 1983, 672; BGH NJW 1983, 277; BGH NJW-RR 1987, 1090; BGH NJW 1993, 2171, 2172; gegen eine präjudizielle Wirkung des Erbscheins: BVerfG NJW-RR 2005, 1600; vgl. auch Palandt-Weidlich, BGB, 73. Aufl. Rn. 3 zu § 2365; Münchner-Kommentar- Meyer a.a.O., Rn. 22 zu § 2365 BGB, Staudinger-Herzog, a.a.O. Rn. 50 zu § 2365 BGB; Soergel-Zimmermann, a.a.O., Rn. 4 zu § 2365; Bamberger/Roth/Siegmann/Höger BGB, Bd. 3, 3. Aufl. 2011, Rn. 11 zu § 2365; Ebenroth, Erbrecht, 1992, Rn. 1060; Lange/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts, 5. Aufl. 2001, § 39 VII 2e; v. Lübtow, Erbrecht, Bd. II, 1971 II, S. 1024; Burandt/Rojahn/Seiler Erbrecht, 2011 Rn. 12 f.), da jede andere Lösung eine zumindest eingeschränkte Bindung des Prozessgerichts an das nicht auf eine verbindliche Streitentscheidung ausgerichtete nachlassgerichtliche Verfahren bedeutet, obwohl der Erbschein - anders als das zwischen den Erbprätendenten ergangene zivilprozessuale Urteil - selbst für das Nachlassgericht keine verbindliche Feststellung begründet (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 334; Staudinger-Herzog, a.a.O. Rn. 50 zu § 2365 BGB; Münchner-Kommentar- Meyer a.a.O., Rn. 22 zu § 2365 BGB).
Soweit in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung für Aktivprozesse des klagenden Erbscheinsinhabers anderweitiges vertreten wird (vgl. etwa OLG München NJW-RR 1995, 779), bedarf es einer Revisionszulassung nicht, da die Vermutungswirkung des Erbscheins nach § 2365 BGB die hier streitige Frage einer schweren Verfehlung der Beklagten i.S.d. § 2333 Abs. 1 BGB aus den bereits unter I.1. a. aufgezeigten Gründen nicht erfasst.
Im Ergebnis verbleibt es daher für das vorliegende Verfahren bei der Beweislastregelung des § 2336 Abs. 3 BGB, wonach die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines die Entziehung des Pfli...