Leitsatz (amtlich)

In äußerungsrechtlichen Streitigkeiten, die sich als nicht-vermögensrechtliche Streitigkeiten darstellen, bildet der Gebührenstreitwert der ersten Instanz grundsätzlich zugleich die Rechtsmittelbeschwer und den Gebührenstreitwert ab - unabhängig davon, ob die klagende Partei oder die beklagte Partei Rechtsmittelführer ist.

 

Normenkette

GKG § 48 Abs. 2 S. 1, § 53 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 27 O 432/22)

 

Tenor

I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 26.01.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27 O 432/22 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

(abgekürzt nach §§ 522 Absatz 2 Satz 4, Absatz 3, 544 Absatz 2 Nummer 1 ZPO)

A. I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist durch Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, ferner eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

II. 1. Die Berufung ist statthaft und zulässig, aber offensichtlich unbegründet. Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen Tatsachen, die nach § 529 ZPO zugrunde zu legen wären, eine andere Entscheidung. Der Verfügungsklägerin steht gegenüber der Verfügungsbeklagten der auf §§ 823 Absatz 1, 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 1, 1 Absatz 1 GG gestützte, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen ("...") in der Zeitschrift ... zu. Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 522 Absatz 2 Satz 3 ZPO Bezug auf seine Hinweisverfügung vom 05.04.2023. Dort heißt es unter anderem:

"Die angegriffene Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senates. Nach Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiegt das Schutzinteresse der Verfügungsbeklagten in Bezug auf die angegriffene Äußerung das Berichterstattungsinteresse der Verfügungsklägerin. Die Nennung des Hotelnamens greift in die Privatsphäre der Verfügungsbeklagten ein. Die Überlegungen der Berufung überzeugen nach einer Abwägung nicht."

III. Die Verfügungsbeklagte hat zu diesen Hinweisen mit Schriftsätzen vom 11.04.2023 und 14.04.2023 Stellung genommen. Diese Stellungnahmen führen zu keiner anderen Bewertung.

1. Soweit die Verfügungsbeklagte die Mitteilung des Namens des von der Verfügungsklägerin aufgesuchten Hotels (allenfalls) der äußeren Privatsphäre zuordnen möchte, verweist der Senat auf seinen Hinweisbeschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO vom 25.01.2021 in der Rechtssache 10 U 16/20 (27 O 357/18) betreffend die Nennung des Namens eines Tournee-Hotels der hiesigen Verfügungsklägerin. Dort heißt es unter anderem:

"Zur Privatsphäre gehören grundsätzlich alle Vorgänge und Äußerungen innerhalb des häuslichen, familiären, freizeit- und urlaubsbezogenen Bereichs. Die Berichterstattung betrifft die räumliche Privatsphäre der Antragstellerin. Zwar handelt es sich bei dem Hotel, in dem die Antragstellerin während ihrer Tournee anlässlich ihres Auftritts in ... gewohnt hat, nicht um deren gewöhnlichen Aufenthaltsort. Gleichwohl tritt der Senat dem Landgericht darin bei, dass die Antragstellerin durch die Bekanntgabe des Hotelnamens nicht lediglich in ihrer Sozialsphäre betroffen ist. Denn ein Hotel dient auch während der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen als (kurzfristiger) Rückzugsort und gerade nicht als der Ort, an dem die berufliche Tätigkeit ausgeübt wird. Die Antragstellerin hält sich dort gerade dann auf, wenn sie nicht ihrem Beruf nachgeht. Dem steht - anders als die Antragsgegnerin meint - weder entgegen, dass die Antragstellerin eine äußerst bekannte Künstlerin ist, noch, dass sie sich auf einer vielbeachteten Deutschland-Tournee befand. Beide Aspekte führen nicht dazu, dass dem Ort der Übernachtung und des Rückzugs von der beruflichen Tätigkeit dessen Zuordnung zur Privatsphäre genommen wird. Auch der Umstand, dass ein Hotel von anderen Gästen aufgesucht werden kann, lässt den Privatsphärenschutz nicht entfallen. Denn auch in einem Hotel besteht üblicherweise die Rückzugsmöglichkeit in Bereiche, die der Öffentlichkeit versperrt."

Diese Überlegungen gelten auch für die Mitteilung des Namens des Hotels ..., unabhängig davon, ob die Verfügungsklägerin dort - wie die Verfügungsbeklagte behauptet - einen beruflichen Termin wahrgenommen hat.

2. Auch hinsichtlich der vorzunehmenden Abwägung der Interessen der Parteien wird auf den Hinweisbeschluss in der Sache 10 U 16/20 Bezug genommen. Dort heißt es unter anderem:

"Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Infor...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge