Leitsatz (amtlich)
Bis zur Grenze eines paritätischen Wechselmodells, bei dem beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen haben, folgt aus der umgangsrechtlichen Loyalitäts- und Wohlverhaltenspflicht des betreuenden Elternteils, dass grundsätzlich dieser das Kind mit der für den Umgang erforderlichen Bekleidung und Wechselwäsche sowie anderen, für den persönlichen Bedarf des Kindes notwendigen Gegenständen auszustatten hat. Von dieser Verpflichtung kann im Einzelfall jedoch spezifisches, besonders teures oder besonders umfangreiches Sport- oder Freizeitgerät ausgenommen sein, soweit dieses vom Kind beim Umgang entweder nicht tagtäglich benötigt wird oder soweit dessen Vorhaltung dem anderen, umgangsberechtigten Elternteil - etwa aufgrund entsprechend guter finanzieller Verhältnisse - zugemutet werden kann.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 24.01.2017; Aktenzeichen 120 F 16086/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Mutter gegen den am 24.1.2017 erlassenen Ordnungsgeldbeschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - 120 F 16086/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Mutter wendet sich mit ihrem Rechtsmittel gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Familiengerichts vom 24.1.2017, mit dem gegen sie wegen einer in der letzten Oktoberwoche 2016 begangenen Zuwiderhandlung gegen die gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung vom 3.12.2015 ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 EUR, ersatzweise Ordnungshaft festgesetzt wurde, wobei an die Stelle von jeweils 100 EUR Ordnungsgeld ein Tag Ordnungshaft treten soll. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den familiengerichtlichen Beschluss vom 24.1.2017 Bezug genommen.
Der Streit der Eltern über Ausgestaltung und Durchführung des Umgangs ist vor folgendem Hintergrund zu sehen: Mutter und Vater waren miteinander verheiratet; sie lebten seit März 2015 getrennt voneinander und sind seit November 2016 geschieden. Aus ihrer Ehe sind die beiden vom Verfahren betroffenen Kinder, M.und F., hervorgegangen. Die Sorge für die beiden heute neun bzw. sieben Jahre alten Söhne, die im Haushalt der Mutter leben, steht beiden Eltern gemeinsam zu. Das Verhältnis beider Eltern zueinander ist äußerst angespannt; sie überziehen sich wechselseitig mit zahlreichen zivil- und strafrechtlichen Verfahren.
Am 3.7.2015 haben die Eltern in einem Verfahren vor dem AG Schöneberg (85 F 157/15) eine umfangreiche Regelung des Umgangs zwischen dem Vater und seinen beiden Söhnen getroffen, die vom Familiengericht gebilligt wurde; dem Vater steht danach ein erweiterter Umgang zu. Wenige Monate später, am 3.12.2015, haben die Eltern die Abrede vom 3.7.2015 in einem Umgangsverfahren (AG Tempelhof-Kreuzberg 130 F 18249/15) näher konkretisiert und in einer zweiten, ebenfalls sehr umfangreichen, vom Familiengericht gebilligten und mit einer Ordnungsgeldandrohung versehenen Umgangsvereinbarung u.a. festgelegt, dass die Mutter die Kindern zu den Umgängen mit einer bis in die Einzelheiten beschriebenen, aus sechs großen, vollgepackten Rucksäcken bestehenden Tennisausrüstung auszustatten hat. In der Vereinbarung wurde weiter festgelegt, welche Kleidung und welches Schuhwerk von der Mutter den Kindern bei den Umgangsterminen zu den verschiedenen Jahreszeiten in welcher Anzahl mitzugeben ist. Es wurde geregelt, dass die Mutter den Kindern in jedem Quartal eine Tasche mit Wechselbekleidung packt und diese Tasche jeweils zum Quartalsende in der Zahnarztpraxis des Vaters abgibt. Die betreffenden Passagen der familiengerichtlich gebilligten Vereinbarung lauten wie folgt:
"Die Kindesmutter ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass eine Tasche mit Wechselbekleidung zu Beginn der Wintersaison mit Winterkleidung, zu Beginn der Frühjahrssaison mit Frühlingsbekleidung und zu Beginn der Sommersaison mit Sommerkleidung jedes Jahr in der Zahnarztpraxis des Kindesvaters abgegeben wird. Der Kindesvater kann diese Bekleidung für die gesamte Saison behalten.
[...]
Die Bekleidung für die Frühlingssaison wird immer in der letzten Märzwoche in der Zahnarztpraxis abgegeben. Die Bekleidung in der Sommersaison wird immer in der letzten Maiwoche in der Zahnarztpraxis abgegeben. Die Bekleidung für die Herbstsaison wird in der letzten Augustwoche in der Zahnarztpraxis abgegeben. Die Bekleidung für die Wintersaison ist ab 2016 in der letzten Oktoberwoche in der Zahnarztpraxis abzugeben.
Die jeweilige Tasche soll vier Hosen, vier Oberteile, vier T-Shirts, fünfmal Unterwäsche und Strümpfe je Kind beinhalten. Die Bekleidung soll saisonentsprechend sein.
Sofern der Kindesvater mit den Kindern zu einem besonderen Anlass oder zu einer anderen Örtlichkeit gehen möchte und insoweit entsprechendes Schuhwerk benötigt, hat er dieses per Mail der Kindesmutter frühzeitig mitzuteilen. Die Kindesmutter wird dieses Schuhwerk den Kindern für das Wochenende mitgeben. Der Kindesvater verpflichtet sich, dieses Schuhwerk den Kindern wieder mitzugeben.
Die Tasche ist für die Wintersaison mit einer Mütze, einem Schal und Handschuh...