Leitsatz (amtlich)
1. Die Lieferfristangabe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen "in der Regel ..." ist nicht hinreichend bestimmt i.S.d. § 308 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
2. Gesetzliche Regelungen zur AGB-Kontrolle sind zumindest dann Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG, wenn sie eine hinreichende Transparenz gewährleisten sollen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 23.01.2007; Aktenzeichen 16 O 1008/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Zivilkammer 16 des LG Berlin vom 23.1.2007 - 16 O 1008/06 - teilweise abgeändert:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, weiterhin untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über die Online-Plattform des Internethauses eBay im Zusammenhang mit dem Angebot von Hochzeitsartikeln an Letztverbraucher zum Kauf wörtlich oder inhaltsgleich nachstehende Klausel zu verwenden oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese zu berufen:
"Eine Übergabe an den Paketdienst erfolgt in der Regel 1-2 Tage nach Zahlungseingang, bei kundenspezifischen Anfertigungen ca. 7 Tage-10 Tagen nach Zahlungseingang"
im Zusammenhang mit folgenden Angaben:
"Bitte beachten sie bei der Bestellung, dass die Lieferzeiten der Post meist bis zu 10 Tagen dauern kann. Bei H. ca. 4-6 Tage."
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens haben zu tragen:
I. Instanz:
die Antragstellerin 1/10,
die Antragsgegnerin 9/10,
II. Instanz:
die Antragstellerin 4/5,
die Antragsgegnerin 1/5.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.000 EUR.
Gründe
A. Die gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet.
I. Hinsichtlich der Klausel zu Lieferfristen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin (wie oben in der Beschlussformel genannt) folgt der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin - im zugesprochenen Umfang - aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 308 Nr. 1, 2. Alternative BGB.
1. Mit der sofortigen Beschwerde wird insoweit allein noch geltend gemacht, aus den Formulierungen "in der Regel ..." und "... Lieferzeiten der Post meist bis zu 10 Tagen dauern kann" folge eine Unwirksamkeit der Klausel. Dies beschränkt den Streitgegenstand und damit die Befugnis des Senats zur Prüfung der beanstandeten AGB-Regelung.
2. Der Verfügungsantrag ist hinsichtlich der Wendung "in der Regel ..." begründet. Denn insoweit ist die von der Antragsgegnerin bestimmte Lieferfrist nicht hinreichend bestimmt, § 308 Nr. 1, 2. Alternative BGB.
a) Ein Durchschnittskunde muss ohne Schwierigkeiten und ohne rechtliche Beratung in der Lage sein, das Ende einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgegebenen Lieferfrist selbst zu erkennen und zu berechnen (BGH v. 6.12.1984 - VII ZR 227/83, MDR 1985, 398 = NJW 1985, 855, juris Rz. 14; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 308 Rz. 8). Nicht hinreichend bestimmte Leistungszeitangaben führen dazu, dass die Leistungszeit mehr oder weniger in das Belieben des Verwenders gestellt wird. Das will § 308 Nr. 1 BGB verhindern (Staudinger/Coester-Waltjen, BGB, 2006, § 308 Nr. 1 Rz. 17).
b) Mit der Bestimmung, die Übergabe an den Paketdienst erfolge "in der Regel 1-2 Tage nach Zahlungseingang", gibt der Kunden nicht nur sein Einverständnis für die Zeitdauer des Regelfalles. Ihm könnte zudem vorgehalten werden, in "Ausnahmefällen" auch einer späteren Übergabe zugestimmt zu haben. Die Antragsgegnerin vermeidet gerade eine Festlegung der Lieferzeit für alle in Betracht kommenden Fälle und sie will sich offensichtlich in besonderen Fällen eine spätere Übergabe vorbehalten. Ein Ende des vereinbarten Lieferzeitraums ist dann aber für den Kunden nicht zu erkennen, zumal er nicht absehen kann, wann ein "Regelfall" und wann ein "Ausnahmefall" vorliegt.
c) Dem steht auch nicht entgegen, dass Leistungszeitangaben im Rahmen kalendermäßiger Begriffe nach verbreiteter Auffassung nur ungefähr angegeben werden müssen, etwa "ca. 4 Wochen" zulässig sein soll (Staudinger/Coester-Waltjen, a.a.O.; Palandt/Grüneberg, a.a.O.).
Es ist schon fraglich, weshalb die Unschärfe von "ca."-Angaben überhaupt toleriert werden soll. Selbst wenn der Kunde die Größenordnung insgesamt noch annähernd ermitteln könnte, so verblieben doch immer Unklarheiten für eine taggenaue Bestimmung des Endes der Lieferzeit. Ist eine (annähernd) taggenaue Fristberechnung möglich, dann besteht schon für den Klauselverwender kein hinreichender Grund, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Lieferzeit mit einer "ca."-Angabe zu relativieren.
Vorliegend kann dies aber auf sich beruhen. Denn selbst wenn man eine "ca."-Angabe als der Größenordnung nach hinreichend bestimmbar ansähe, gilt dies für eine Angabe "in der Regel" - wie vorliegend - gerade nicht, weil für d...