Leitsatz (amtlich)

1. Hintergrund der Nr. 250a BKat ist die Feststellung, dass zum Schutz der Infrastruktur verhängte Durchfahrtverbote für Lkw vielfach vorsätzlich missachtet worden sind und Geldbußen in Kauf genommen wurden, um Umwege und damit Zeitverluste zu vermeiden. Die deutliche Verschärfung der Rechtsfolgen soll mit der abschreckenderen Wirkung zu einem wirksameren Schutz der Infrastruktur beitragen.

2. Eine teleologische Reduktion des Bußgeldtatbestandes Nr. 250a dahin, dass die Verkehrseinrichtungen so beschaffen sein müssen, dass sie ein Durchfahren mit einem Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t körperlich manifest erschweren, ist nicht angezeigt.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 30.01.2019; Aktenzeichen 343 OWi 1098/18)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 30. Januar 2019 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Der Polizeipräsident in Berlin hat mit Bußgeldbescheid vom 17. August 2018 gegen den Betroffenen wegen einer am 23. Juli 2018 begangenen Nichtbeachtung des durch Zeichen 251 mit Zusatzzeichen 7,5 t angeordneten Verkehrsverbots, wobei die Straßenfläche zusätzlich durch Verkehrseinrichtungen gekennzeichnet war, eine Geldbuße von 500 Euro festgesetzt und ein zweimonatiges Fahrverbot angeordnet. Zugleich ist bestimmt worden, dass das Fahrverbot nach § 25 Abs. 2a StVG erst wirksam werden soll, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Monaten nach Eintritt der Rechtskraft.

Auf den Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht ihn am 30. Januar 2019 wegen einer vorsätzlich begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2, 43 Abs. 3 (zu ergänzen: i.V.m. Anlage 4), 49 (zu ergänzen: Abs. 3 Nr. 4) StVO i.V.m. § 24 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 180 Euro verurteilt und - vor dem Hintergrund des Umstandes, dass das Amtsgericht die Voraussetzungen der lfd. Nr. 250a BKat für nicht gegeben angesehen hat - von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen. Hiergegen richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft Berlin, die von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vertreten wird. Sie hat mit der Sachrüge Erfolg.

In den Urteilsgründen heißt es:

"II.

Der Betroffene befuhr am 23. Juli 2018 um 09:56 Uhr die K-Brücke in Berlin als Führer des Lkw mit dem Kennzeichen B. Das Fahrzeug hat ein zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t. Die Zufahrt auf die fragliche Brücke ist durch Zeichen 251 mit Zusatzzeichen 7,5 t (lfd. Nummer 27 Anlage 2 StVO) für Kraftfahrzeuge mit mehr als 7,5 t zulässigen Gesamtgewicht gesperrt. Aufgrund des maroden baufälligen Zustandes der Brücke, ist die Brücke für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen gesperrt. Die Sperrung für Kraftfahrzeuge mit mehr als 7,5 t ist in der Fahrtrichtung des Betroffenen zunächst durch ein Schild (Vorankündigung) auf der K-Straße auf der rechten Seite angekündigt. Direkt vor der Auffahrt auf die Brücke befindet sich das Verkehrszeichen 251 mit Zusatzschild 7,5 t auf der rechten Seite in Höhe von circa 4 Metern. Gleich kurz dahinter befinden sich zwei Schraffenbaken (Zeichen 605) mit einer Höhe von Circa 1,5 Metern und einer kurzen Leitschwelle am rechten Fahrbahnrand. Die Straße ist an der dortigen Stelle um circa 1,5 Meter eingeengt, lässt aber ein müheloses Passieren von LKW zu, ohne dass hierzu eine Leitschwelle überfahren werden müsste.

[...]

IV.

Dem Betroffenen war zum obigen Sachverhalt vorgeworfen worden Ziffer 250a der BkatV verwirklicht zu haben. Danach verwirkt - soweit hier in Betracht zu ziehen - eine Regelgeldbuße von 500,- EUR sowie ein Regelfahrverbot von zwei Monaten, wer vorschriftswidrig ein Verbot für Kraftwagen mit einem gesamtmassebeschränkten Zusatzzeichen (Zeichen 251 mit Zusatzzeichen 1053-33) nicht beachtet, wobei die Straßenfläche zusätzlich durch Verkehrseinrichtungen (Anlage 4 lfd. Nr. 1 bis 4 zu § 43 Abs. 3 StVO) gekennzeichnet ist. Die Vorschrift statuiert daher ein - gegenüber dem durch Zeichen 251 angeordneten "schlichten" - ein gleichsam "qualifiziertes" Durchfahrtsverbot. Die gemeinten Verkehrseinrichtungen sind dabei Schranken, Leitbaken, Leitschwellen und Leitborde.

250a BKat steht unter Abschnitt II des bundeseinheitlichen Tatbestandskataloges und damit unter den vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeiten.

Da im Vergleich zum einfachen Durchfahrtverbot nach Nr. 141.1 BkatV welches im Bußgeldkatalog für die fahrlässige Begehungsweise mit 75,00 Euro geahndet wird, die Sanktion des qualifizierten Durchfahrtverbotes mit erheblichen Rechtsfolgen verbunden ist, müssen die allein dazu führenden Verkehrseinrichtungen auch so ausgestaltet sein, dass ein Übersehen...

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