Entscheidungsstichwort (Thema)
Musterbedingungen des GdV
Leitsatz (amtlich)
Der wegen eines Kfz-Diebstahls auf Entschädigungsleistung in Anspruch genommene Kaskoversicherer kann sich mit Erfolg auf Leistungsfreiheit wegen einer arglistigen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit berufen, wenn der Versicherungsnehmer in dem Fragebogen des Versicherers nach der Laufleistung eine um ca. 20.000 km zu niedrige Laufleistung von "77.850 km ca" angibt, weil er durch die bis auf 50 km genaue Zahl konkretes Erinnern (an eine Zahl im Bereich zwischen 77.800 und 77.900 km) vortäuscht und ein "Verschätzen" um ca. 20.000 km von der Zirka-Angabe nicht mehr umfasst ist.
Normenkette
VVG n.F. § 28 Abs. 3 S. 2; AKB 2008 E. 1.3; AKB 2008 E. 6
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 42 O 26/11) |
Tenor
In dem Rechtsstreit A. ./. A.V.-AG hat der Senat nunmehr über die Sache beraten und beabsichtigt im Ergebnis dieser Beratung, die Berufung des Klägers gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
I.1. Die Berufung kann gem. § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder gem. § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor.
2. Es kann dabei dahinstehen, ob das LG einen rechtlichen Hinweis hätte erteilen müssen, dass das äußere Bild des streitigen Fahrzeugdiebstahls nicht hinreichend unter Beweis gestellt worden ist. Denn die Ausführungen des LG zur Leistungsfreiheit der Beklagten wegen einer arglistigen Täuschung des Klägers über die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs sind nicht zu beanstanden. Auf die zutreffenden Ausführungen des LG kann verwiesen werden. Der Kläger hätte sich die Mühe machen müssen, die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeuges korrekt zu ermitteln. Dazu hätte er bei dem Gutachter, der das Fahrzeug besichtigt hatte, nachfragen können. Konnte er sich an die Laufleistung und den Namen des Gutachters nicht erinnern, hätte er offen angeben müssen, dass er sich an die Laufleistung nicht erinnern kann. Hier bestand auch für den Kläger die Möglichkeit, die Beklagte auf das Gutachten vom 21.1.2010 über den Versicherungsfall vom 8.12.2009 zu verweisen und diese zu bitten, die ungefähre Laufleistung aus diesem Gutachten zu entnehmen. Die Beklagte durfte sich auf die Angaben des Klägers verlassen und musste zum vorherigen geltend gemachten Versicherungsfall gesammelte Informationen nicht abrufen. Die korrekte Laufleistung im Diebstahlzeitpunkt hätte sich aus dem Gutachten ohnehin nicht entnehmen lassen. Eine derartige Erkenntnismöglichkeit des Versicherers steht einer sicheren Kenntnis nicht gleich (vgl. KG, VersR 2010, 381 f. - zitiert nach juris: Rz. 5). Der Kläger hat vielmehr mit der Angabe einer Laufleistung "77850 km ca" eine Angabe ins Blaue gemacht und eine konkrete Erinnerung zumindest vorgetäuscht. Dieses Verhalten lässt sich, weil die Laufleistung - was allgemein bekannt ist - von Bedeutung für die Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes ist, nur damit erklären, dass der Kläger Schwierigkeiten bei der Regulierung durch Nachfragen oder Nachforschungen der Beklagten vermeiden wollte. Dies reicht zum Feststellen eines arglistigen Verhaltens aus. Eine plausible Erklärung, wie es zu der Falschangabe gekommen ist, liefert der Kläger nicht.
3. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil nicht geboten. Gründe zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestehen nicht.
II. Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem gerichtlichen Hinweis binnen einer Frist von drei Wochen gegeben. Aus Kostengründen sollte eine Zurücknahme der Berufung erwogen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 7537419 |
r+s 2015, 64 |