Normenkette

BGB § 1507 Sätze 1-2; FamFG §§ 105, 343, 352c Abs. 1, § 354 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 11.01.2023; Aktenzeichen 63 VI 611/22)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 11.01.2023, Az. 63 VI 611/22, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Wertstufe bis 470.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Ausstellung eines Fremdrechtszeugnisses analog § 1507 Satz 2 BGB analog i.V.m. §§ 354 Abs. 1, 352c FamFG.

Der Antragsteller ist der Ehemann der am ... in M... (Frankreich) verstorbenen französischen Staatsangehörigen M... B... V... O... (i.F.: Erblasserin). Die Ehe wurde am xx.xx.1961 in Frankreich geschlossen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren beide Ehegatten ausschließlich Inhaber der französischen Staatsangehörigkeit. Mit notariell von der Notarin mit Sitz in Saverne (Frankreich) beurkundetem Vertrag vom 22.2.2018, welcher mit Übersetzung vorgelegt wurde, vereinbarten die Eheleute gemäß Paragraph 1 für ihr gesamtes vorhandenes und künftiges Vermögen den "Güterstand der Gütergemeinschaft gemäß Paragraph 1526 des französischen Bürgerlichen Gesetzbuchs (Code civil)." Gemäß Paragraph 6 Nr. 3.b. des Vertrages fallen bei Auflösung der Ehe aufgrund Ablebens eines der Ehegatten sämtliche beweglichen und unbeweglichen Güter, welche die Gütergemeinschaft zu diesem Zeitpunkt bilden, dem überlebenden Ehegatten in Volleigentum zu.

Mit notarieller Urkunde vom 25.11.2021 beurkundete der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers dessen eidesstattliche Versicherung und Antrag auf Erteilung eines Erbscheins. Gemäß § 3 Nr. 1 der Urkunde bevollmächtigte der Antragsteller seinen Verfahrensbevollmächtigten nach dessen Ermessen mit der Antragstellung auf Erteilung eines Fremdrechtszeugnisses, eines Erbscheins sowie eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Gemäß § 3 Nr. 2 der Urkunde befindet sich im Nachlass der Erblasserin in Deutschland gelegener Grundbesitz, eingetragen im Grundbuch von P... Blatt ... und ....

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 10.11.2022 bei dem Amtsgericht Schöneberg die Erteilung eines Fremdrechtszeugnisses nach § 1507 Satz 2 BGB analog i.V.m. §§ 354 Abs. 1, 352c FamFG, das den Alleinerwerb des Antragstellers als überlebender Ehegatte aufgrund der Anwachsungsklausel nach französischem Güterrecht (clause d'attribution au survivant) ausweist, beantragt.

Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 25.10.2022 darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 4 EuErbVO das angerufene Gericht nicht zuständig sei, ferner mit Verfügung vom 14.11.2022 darauf, dass ein Zeugnis nach § 1507 BGB nicht erteilt werden könne, da eine fortgesetzte Gütergemeinschaft gerade nicht existiere. Eine Analogie begründende Lücke liege nicht vor, zumal der Rechtsübergang auf den Antragsteller auf Grund des Todes der Erblasserin auch auf andere Weise nachgewiesen werden könne.

Der Antragsteller hat hierzu vorgetragen, dass Art. 4 EuErbVO nicht einschlägig sei, da die Erteilung des Fremdrechtszeugnisses nach § 1507 BGB güterrechtlich und nicht erbrechtlich anzuknüpfen sei. Gemäß §§ 352 c, 354, 343 Abs. 3 FamFG sei das angerufene Nachlassgericht zuständig. Das erstrebte Zeugnis sei gemäß § 1507 Satz 2 BGB analog zu erteilen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 11.1.2023 den Antrag unter Berufung auf die gerichtliche Verfügung vom 14.11.2022 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde gemäß Schriftsatz vom 14.2.2023 und verfolgt den erstinstanzlichen Antrag weiter. Aufgrund der güterrechtlichen Einordnung der clause d'attribution au survivant sei der Anwendungsbereich der EuErbVO nicht eröffnet, demgemäß aber der Anwendungsbereich des FamFG, so dass sich die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg nach § 343 Abs. 3 Satz 1 FamFG richte.

Konsequenz der güterrechtlichen Einordnung der clause d'attribution sei darüber hinaus, dass für die Grundbuchberichtigung dem Grundbuchamt ein Fremdrechtszeugnis gemäß §§ 1507 Satz 2 BGB, 354 Abs. 1, 352c FamFG vorzulegen sei. Eine andere Nachweismöglichkeit gebe es gegenüber dem Grundbuchamt nicht, da § 35 Abs. 2 GBO nicht auf § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO verweise und aufgrund der güterrechtlichen Qualifikation der clause d'attribution au survivant kein Gericht im Verfahren über die Erstellung eines europäischen Nachlasszeugnisses die Auswirkungen eines Ehevertrages ausweisen würde. Mit einem europäischen Nachlasszeugnis könne daher der Nachweis der Rechtsnachfolge nicht geführt werden. Ein französisches Zeugnis über die güterrechtlichen Folgen würde in Deutschland im Grundbuchverfahren nicht anerkannt.

Da es sich bei der clause d'attribution au survivant nicht um eine fortgesetzte Gütergemeinschaft i.S.d. § 35 Abs. 2 GBO handele, seien die Norm und die Vorschrift des § 1507 BGB im internationalprivatrechtlichen Bereich...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge