Leitsatz (amtlich)

Bevollmächtigen die Parteien im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs jeweils ihre Prozessbevollmächtigten mit ihrer Vertretung beim Vollzug - hier Auflassung von Wohnungseigentum -, genügt zum formgerechten Nachweis des Fortbestands der Vollmacht die Vorlage einer Ausfertigung des Protokolls durch die Vertreter.

Allerdings hat jeder der Vertreter eine in seinem Besitz befindliche Ausfertigung zum Nachweis des Fortbestands der ihm erteilten Vollmacht vorzulegen. Legt nur einer der Vertreter eine Ausfertigung vor, genügt die Bezugnahme des anderen auf diese Urkunde nicht.

 

Normenkette

GBO §§ 20, 29; BGB § 172

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 41 LF 23902-6)

 

Tenor

Punkt 2 der Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 25.10.2010 wird aufgehoben, soweit das Grundbuchamt die Genehmigung der zur UR-Nr. ....des Notars Dr. ...in Berlin erklärten Auflassung durch die eingetragene Eigentümerin zu 1 für erforderlich erachtet hat. Das Grundbuchamt wird angewiesen, insoweit von den in der Zwischenverfügung geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.

Die darüber hinausgehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Verfahrens beträgt 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Am 17.6.2010 schlossen die jeweils anwaltlich vertretenen eingetragenen Eigentümer vor dem AG Tempelhof-Kreuzberg - Familiengericht - einen Vergleich. U. a. einigten sie sich darauf, der eingetragenen Eigentümerin zu 1 das Alleineigentum an dem im Beschlussrubrum näher bezeichneten Wohnungseigentum zu übertragen. Hierzu erklärten die Parteien unter Punkt III des Vergleichs die Auflassung des hälftigen Miteigentumsanteils des eingetragenen Eigentümers zu 2 an die eingetragene Eigentümerin zu 1. Punkt IV des Vergleichs enthält Vollmachten der Parteien an ihre jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten zum Vollzug des Vergleichs. U. a. sollten diese nochmals die Auflassung erklären können. Der bei Abschluss des Vergleichs nicht anwesende eingetragene Eigentümer zu 2 behielt sich den Widerruf des Vergleichs bis zum 24.6.2010 vor.

Den auf Umschreibung des Wohnungseigentums allein auf die eingetragene Eigentümerin zu 1 gerichteten Antrag vom 14.7.2010 wies das Grundbuchamt unter Hinweis auf § 925 Abs. 2 BGB zurück.

Am 7.10.2010 erklärten die Verfahrensbevollmächtigten der eingetragenen Eigentümer zur UR-Nr. ....des Notars Dr....in Berlin die Auflassung des Wohnungseigentums auf die eingetragene Eigentümerin zu 1. Beide Rechtsanwälte beriefen sich auf die im Vergleich vom 17.6.2010 erteilten Vollmachten. Der notariellen Urkunde war eine durch den Urkundsnotar beglaubigte Abschrift einer der eingetragenen Eigentümerin zu 1 erteilten vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs beigefügt.

Der Verfahrensbevollmächtigte der eingetragenen Eigentümerin zu 1 hat am 18.10.2010 unter Vorlage der vorgenannten notariellen Urkunde die Umschreibung des Wohnungseigentums beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 25.10.2010 u.a. die Genehmigung der eingetragenen Eigentümer für erforderlich erachtet. Es sei nicht nachgewiesen, dass die erteilten Vollmachten fortbestünden. Der Beweis über den Nichtwiderruf einer grundbuchlichen Vollmacht könne grundsätzlich nur durch Vorlage einer notariell beglaubigten Vollmacht im Original oder einer notariellen Urkunde in Ausfertigung geführt werden. Hiergegen richtet sich das als Erinnerung bezeichnete Rechtsmittel der eingetragenen Eigentümerin zu 1, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 25.11.2010 nicht abgeholfen hat.

II. Das als Beschwerde gem. § 71 Abs. 1 GBO auszulegende Rechtsmittel ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nur im Hinblick auf den nicht erbrachten Nachweis des Fortbestands der von dem eingetragenen Eigentümer zu 2 seiner Verfahrensbevollmächtigten erteilten Vollmacht.

Gemäß § 20 GBO darf im Falle der Auflassung eines Grundstücks die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils wirksam erklärt und dem Grundbuchamt gegenüber in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist. Einem Grundstück in diesem Sinn steht das Wohnungseigentum gleich. Die Einigung muss von den Vertragsparteien nicht persönlich abgegeben werden. Sie kann auch von Vertretern erklärt werden. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt die Vertretungsmacht des Vertreters in der Form des § 29 GBO nachzuweisen (BayObLG DNotZ 1989, 373). Da nach materiellem Recht an den Besitz einer Vollmachtsurkunde Rechtsfolgen geknüpft sind, vgl. § 172 BGB, erfolgt der Nachweis regelmäßig durch Vorlage der Urschrift oder zumindest einer Ausfertigung der Urkunde. Eine beglaubigte Abschrift genügt nur dann, wenn ein Notar bescheinigt, dass ihm die Urschrift oder Ausfertigung zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen hat (KG, Beschl. v. 16.9.1997 - 1 W 4156/97 -, FGPrax 1998, 7; BayObLG, DNotZ 2000, 293, 294; OLG München, DNotZ 2008, 844).

Die wirksame Erteilung der Vollmachten ist in für das Grundbuchverfahren...

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