Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 147/05) |
Tenor
1. Der Kläger wird gem. § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
1. Der Kläger verlangt im Berufungsverfahren nur noch 20 % des ursprünglich mit der Klage geltend gemachten Anspruchs.
Er meint, er habe sich mit äußerster Sorgfalt langsam aus der Parklücke herausgetastet und habe den Unfall nicht vermeiden können, was sich aus der Beweisaufnahme und den Akten des Polizeipräsidenten in Berlin ergäbe; zu Unrecht habe das LG ihm danach ein Verschulden angelastet, obwohl er nicht habe wenden wollen. Auch die Zeugin Schaefer habe bekundet, er sei "ganz langsam" aus der Parklücke herausgefahren und der Unfall sei noch vor dem Mittelstreifen geschehen.
Der Beklagte zu 3) habe dagegen in für ihn unklarer Verkehrslage überholt und beim Einscheren nach rechts nicht darauf geachtet, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert oder geschädigt würden.
Diese Argumentation verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.
a) Zutreffend hat das LG auf die Sorgfaltspflichten beim Anfahren vom Fahrbahnrand (§ 10 StVO) hingewiesen, die auch gelten, wenn der Kläger - wie die Beklagten in der Klageerwiderung vorgetragen haben - von einem Parkbereich auf dem rechten Bordstein, also von einem anderen Straßenteil, auf die Fahrbahn eingefahren ist.
§ 10 StVO ordnet an, dass der Verkehrsteilnehmer, der vom Fahrbahnrand anfahren will, sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls hat er sich einweisen zu lassen.
Vom Anfahrenden wird damit äußerste Sorgfalt gefordert (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., StVO § 10 Rz. 10, m.w.N.).
Diese äußerste Sorgfalt hat der Kläger nicht eingehalten; zutreffend hat das LG auf den gegen ihn sprechenden Beweis des ersten Anscheins hingewiesen, den er nicht erschüttert oder widerlegt hat; so hat der Kläger nicht seine Behauptung bewiesen, der Beklagte zu 3) hätte zunächst hinter dem Fahrzeug der Zeugin Schaefer angehalten und er - der Kläger - habe sich dessen versichert bevor er angefahren sei (vgl. S. 3 der Klageschrift); dies haben die Beklagten in der Klageerwiderung bestritten und die Christin Schaefer hat als Zeugin derartiges in ihrer Aussage vom 6.9.2005 vor dem LG nicht bestätigt ("Nach meinem Gefühl waren hinter mir vielleicht zwei oder drei Autos. Jedenfalls war das überholende Fahrzeug nicht das Fahrzeug, das direkt hinter mir war", S. 2 des Protokolls).
Demgegenüber hat die Zeugin erklärt, der Kläger sei auf die Gegenfahrbahn gefahren, sie könne jedoch nicht genau sagen, ob der Unfall vor der Mittellinie oder hinter der Mittellinie stattgefunden habe; die Zeugin hat das Fahrverhalten des Klägers als Wenden in die Gegenrichtung gedeutet und in ihrer Skizze in der mündlichen Verhandlung vor dem LG entsprechend dargestellt.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich Wenden wollte oder nicht, jedenfalls steht nach der Aussage der Zeugin fest, dass der Kläger in Richtung Mittellinie gefahren ist und sein Fahrzeug nicht möglichst weit rechts zum Einordnen in den fließenden Verkehr bewegt hat. Ferner steht nach der Aussage der Zeugin fest, dass der Kläger "langsam aus der Parklücke herausgefahren" ist (S. 2, Abs. 4 des Protokolls). Damit hat er sich nicht - wie er meint - mit größter Sorgfalt hineingetastet in die Fahrbahn. Denn "Hineintasten" i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 3 StVO (Pflichten des Wartepflichtigen ggü. dem Bevorrechtigten, die für die hohen Sorgfaltspflichten nach § 10 StVO entsprechend gelten) bedeutet nicht langsam fahren, sondern zentimeterweises Vorrollen bis zum Übersichtspunkt mit der Möglichkeit sofort anzuhalten (BGH v. 21.5.1985 - VI ZR 201/83, MDR 1985, 922 = NJW 1985, 2757; KG v. 27.7.1998 - 12 U 3625/97, KGReport Berlin 1999, 315 = NZV 1999, 85; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., StVO § 8 Rz. 58); das bedeutet ein Vorrollen um jeweils nur wenige Zentimeter, danach ein Anhalten und ein mehrfaches Wiederholen dieses Vorgangs über einen längeren Zeitraum. Der Wartepflichtige genügt dieser Pflicht nicht, wenn er einfach bis zum Übersichtspunkt ohne Unterbrechung vorrollt (KG v. 14.11.2002 - 12 U 140/01, KGReport Berlin 2003, 235 = VRS 105, 104 = NZV 2003, 575; v. 17.1.2000 - 12 U 6678/98, KGReport Berlin 2000, 135 = DAR 2000, 260 = NZV 2000, 377 = VM 2000, 67 Nr. 77).
Konsequenterweise lässt sich der Kläger im Berufungsve...