Leitsatz (amtlich)

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Internet-Versandhändlers für Computerkomponenten und -zubehör, nach der Mängel an der Ware ihm innerhalb einer Woche nach Empfang der Sendung gemeldet werden müssen, ist gem. §§ 307 Abs. 1; 309 Nr. 8 lit. b) ee) unwirksam. Ihre Verwendung stellt zugleich einen Wettbewerbsverstoß i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 06.01.2005; Aktenzeichen 102 O 2/05)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen 102 des LG Berlin v. 6.1.2005 - 102 O 2/05 - teilweise geändert:

Dem Antragsgegner wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über einen Internetauftritt in Bezug auf den Fernabsatz von Computerkomponenten und Computerzubehör ggü. Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu bestimmen:

Mängel sowie Materialfehler an der Ware müssen uns innerhalb einer Woche nach Empfang der Sendung gemeldet werden.

2. Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge hat der Antragsgegner zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Wie der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, betreibt der Antragsgegner - ebenso wie der Antragsteller - den Einzelhandel mit Personalcomputern, Computerkomponenten und -zubehör über das Internet unter Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die auf seinem Internetauftritt im Rahmen des Bestellvorgangs abrufbar sind. Diese enthalten unter Ziff. 6. "Gewährleistung" folgende Bestimmung: "... Mängel sowie Materialfehler an der Ware müssen uns innerhalb einer Woche nach Empfang der Sendung gemeldet werden ..." Der Antragsteller verfolgt mit der sofortigen Beschwerde sein erstinstanzlich zurückgewiesenes Begehren weiter, dem Antragsgegner die Verwendung dieser Bestimmung zu untersagen.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 567 ff. ZPO zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Dem Antragsteller steht - entgegen der Auffassung des LG - gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der vorgenannten Bestimmung gem. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 309 Nr. 8b) ee) BGB hinsichtlich versteckter Mängel und mit § 307 Abs. 1 BGB hinsichtlich offensichtlicher Mängel zu.

1. Die fragliche Bestimmung ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 und § 309 Nr. 8b) ee) BGB unwirksam.

a) Zwar können Ausschlussfristen für die Anzeige von Mängeln im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen grundsätzlich wirksam vereinbart werden. Jedoch ist bei ihrer rechtlichen Beurteilung zwischen offensichtlichen und nicht offensichtlichen Mängeln zu differenzieren.

Hinsichtlich nicht offensichtlicher Mängel sind gem. § 309 Nr. 8b) ee) BGB solche Klauseln ohne weiteres unwirksam, die eine kürzere Rügefrist als die gesetzlichen Verjährungsfristen setzen.

In Bezug auf offensichtliche Mängel halten jedenfalls solche Klauseln der gem. § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Angemessenheitskontrolle nicht stand, die dem Käufer nur eine tatsächliche Prüfungs- und Überlegungsfrist von weniger als einer Woche einräumen. Dies ist insb. dann der Fall, wenn die Mängelanzeige dem Verkäufer innerhalb einer Woche auch zugegangen sein muss. Denn der Käufer kann in solchem Fall die Wochenfrist nicht vollständig zur Prüfung und Überlegung ausnutzen, sondern muss die etwaige Mängelanzeige so rechtzeitig abgeben, dass sie noch vor Büroschluss des letzten Tages der Frist bei dem Verkäufer eingeht (vgl. zu Vorstehendem BGH v. 8.7.1998 - VIII ZR 1/98, BGHZ 139, 190 = CR 1998, 656 = MDR 1998, 1208 = NJW 1998, 3119; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 309 Rz. 71; Bamberger/Roth/Becker, BGB, § 309 Rz. 43; Erman/Roloff, BGB, 11. Aufl., § 309 Rz. 115, jeweils m.w.N; s.a. BGH EBE/BGH 2005, 18 zu einer Zweiwochenfrist bei einem Bauvertrag).

b) Die vorliegend vom Antragsgegner verwendete Klausel ist, soweit sie sich auf versteckte Mängel bezieht, ohne weiteres wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 8b) ee) BGB unwirksam.

Soweit die Klausel die Anzeige offensichtlicher Mängel betrifft, ist sie unangemessen kurz und daher gem. § 307 Abs. 1 BGB ebenfalls unwirksam. Die nach der vorzitierten Rechtsprechung des BGH dem Käufer jedenfalls einzuräumende Prüfungs- und Überlegungsfrist von einer Woche ab Erkennbarkeit des Mangels ist vorliegend jedenfalls deshalb nicht eingehalten, weil nach dem Wortlaut der Klausel die Meldung und damit auch der Zugang der Mängelanzeige innerhalb der Wochenfrist erfolgt sein müssen. Um die Wahrung der Frist sicherzustellen, muss der Käufer die Mängelanzeige daher vor dem Ablauf der Wochenfrist in die Wege leiten, so dass ihm tatsächlich weniger als eine Woche zur Prüfung und Überlegung zur Verfügung steht.

2. Der Antragsgegner handelt auch unlauter i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

a) Gemäß § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter i.S.v. § 3 UWG insb., wer ein...

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