Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigung der Eltern über den Umgang mit dem Kind für die Zeit bis zu einer gerichtlichen Regelung. Rechtsanwaltsgebühren bei Zwischenvergleich über das Umgangsrecht und Vergleichswertbemessung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Einigung der Eltern über den Umgang mit dem Kind für die Zeit bis zu einer gerichtlichen Regelung löst eine Vergleichsgebühr aus.

2. Der Vergleichswert kann in diesem Fall entsprechend § 8 Abs. 3 BRAGO bemessen werden.

 

Normenkette

BGB §§ 779, 1684; BRAGO § 8 Abs. 3, § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 04.07.2003; Aktenzeichen 139 AR 72/03)

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 145 F 1461/02)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 4.7.2003 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

Die der Beteiligten aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird in Höhe weiterer 52,20 Euro festgesetzt.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

 

Gründe

Das gem. § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg.

Entgegen ihrer Ansicht kann die Beteiligte die Erstattung einer Vergleichsgebühr aus der Landeskasse für eine endgültige Einigung der Parteien nicht verlangen, da eine solche ausweislich des Sitzungsprotokolls am 6.12.2002 nicht zustande gekommen ist.

Ihr steht aber eine Vergleichsgebühr für die Mitwirkung an der Einigung im Termin vom 8.3.2002 zu. Ein Vergleich i.S.v. § 779 BGB liegt vor, wenn die Parteien den Streit über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, auch wenn es sich nur um eine vorläufige Regelung handelte (vgl. bereits KG, Beschl. v. 2.6.1993 - 19 WF 2738/93; Beschl. v. 18.12.2001 - 19 WF 307/01).

Der Begriff des Rechtsverhältnisses erfasst auch familienrechtliche Verhältnisse, soweit den Beteiligten über den Gegenstand eine Dispositionsbefugnis zusteht, wie hier über den Umgang. Die Einigung vom 8.3.2002 bestand darin, zwei Umgangstermine konkret zu vereinbaren und zu bestimmen, wie in der Folgezeit das Umgangsrecht weiter ausgeübt werden sollte. Zwar sollte diese Regelung ausweislich des Eingangssatzes nur vorläufig gelten. Dies nimmt ihr aber nicht den Charakter einer Einigung i.S.v. § 23 BRAGO. Zwar ist zutreffend anerkannt, dass ein Zwischenvergleich, der nur einen vorläufigen Zustand regelt, dafür nicht ausreichend ist, z.B. wenn das Verfahren erst einmal nicht weiterbetrieben werden soll (vgl. z.B. OLG Karlsruhe v. 14.7.1998 - 18 WF 9/98, FamRZ 1999, 388; v. Eicken in Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Aufl., § 23 Rz. 16). Anders verhält es sich aber, wenn für das Zwischenstadium Vereinbarungen getroffen werden, die auch für den Fall einer endgültigen Lösung ihre Gültigkeit behalten sollen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn für die Dauer eines Herausgaberechtsstreits eine Vereinbarung über eine Nutzungsvergütung (vgl. v. Eicken in Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Aufl., § 23 Rz. 16, 18) oder während einer Ehesache eine Einigung über den Unterhalt bis zu einer gerichtlichen Entscheidung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 23 Rz. 56) getroffen wird.

Um einen Zwischenvergleich in diesem Sinne handelt es sich hier. Mit der Einigung der Eltern für den Zeitraum bis zu einer endgültigen Regelung wurde eine Vereinbarung getroffen, die vom späteren Ausgang des Verfahrens nicht mehr berührt werden konnte, da der Umgang dann unwiderruflich stattgefunden hatte.

Den Vergleichswert hat das AG nicht gesondert festgesetzt. Da die Einigung von vornherein nur als vorläufige Regelung beabsichtigt war, erachtet der Senat entsprechend § 8 Abs. 3 BRAGO einen Wert von 500 Euro für sachgerecht. Der Beteiligten stehen daher weitere 45 Euro netto zu, somit 52,20 Euro brutto.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1255808

FamRZ 2004, 1736

JurBüro 2004, 424

JWO-FamR 2004, 193

KG-Report 2004, 277

NJOZ 2004, 1441

RVG-Letter 2004, 57

www.judicialis.de 2003

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