Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Klage im Termin nach Aufruf der Sache zurückgenommen, so entsteht die Terminsgebühr nach dem vollen Streitwert. Dies gilt aber nicht, wenn die Klage bereits vorher durch bei Gericht eingegangenen Schriftsatz zurückgenommen wurde, auch wenn der Schriftsatz im Termin nicht vorliegt und dem Beklagtenvertreter nicht bekannt ist. In diesem Fall entsteht die Terminsgebühr bei Verhandlung über die Kosten nur nach dem Kostenwert.
2. Zur Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, wenn der Beklagte auf die Beschwerde des Klägers hin seinen Kostenantrag hinsichtlich der Termingsgebühr ermäßigt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 27.05.2005; Aktenzeichen 19 O 547/04) |
Tenor
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 1.563,22 EUR werden gegeneinander aufgehoben.
Eine Gerichtsgebühr (KV 1811) wird nicht erhoben.
Gründe
Nachdem die Parteien das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war nur noch über die Kosten gem. § 91a ZPO zu entscheiden. Sie sind nach § 92 Abs. 1 ZPO gegeneinander aufzuheben.
1. Erledigung ist eingetreten, nachdem die Beklagten den Antrag auf Festsetzung einer Terminsgebühr (VV 3104) von 1.347,60 EUR zzgl. MWSt - nach dem Verfahrenswert von 51.129,18 EUR - auf 193,20 EUR zzgl. MWSt - nach einem Kostenwert bis 2.500 EUR - ermäßigt und auf die weiter gehende Forderung aus dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss verzichtet haben und der Kläger die Neuberechnung unter Annahme des Verzichts anerkannt hat.
2. In Höhe des anerkannten Betrages war das Rechtsmittel unbegründet, im Übrigen hätte es Erfolg gehabt.
a) Die Terminsgebühr des Beklagtenvertreters für die Teilnahme am Termin vom 3.5.2005 ist nur noch aus dem Kostenwert angefallen, da der Kläger die Klage vor Aufruf der Sache, nämlich durch das beim LG am 2.5.2005, 15:05 Uhr eingegangene Fax, bereits wirksam zurückgenommen hatte (Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, RVG-VV Nr. 3104, Rz. 97, 97). Auf die Mitteilung an den Beklagtenvertreter oder das Vorliegen des Schriftsatzes im Termin kam es nicht an. Der von der Rechtspflegerin angenommene Fall einer Klagerücknahme - erst - im Termin (Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, RVG-VV Nr. 3104, Rz. 98) lag daher nicht vor.
b) Der Beklagtenvertreter durfte im Kostenfestsetzungsantrag vom 4.5.2005 allerdings davon ausgehen, dass die Klagerücknahme erst im Termin erfolgt war, und dementsprechend die Terminsgebühr nach dem vollen Streitwert berechnen. Denn der Klägervertreter hat im Termin eine Klagerücknahme durch Schriftsatz vom 2.5.2005 zwar behauptet, dies aber weder durch Vorlage einer Abschrift des Schriftsatzes noch durch Nachweis von dessen Eingang bei Gericht belegt.
3. Unter diesen Umständen entspricht es billigem Ermessen, dass die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO). Das Rechtsmittel des Klägers war zwar überwiegend erfolgreich. Die überhöhte Kostenfestsetzung ist den Beklagten aber nicht zuzurechnen, da sie bei Stellung des Kostenfestsetzungsantrages davon ausgehen konnten, dass die Klage erst im Termin vom 3.5.2005 zurückgenommen worden ist. Auch dem Kläger ist die überhöhte Festsetzung nicht zuzurechnen - so dass eine entsprechende Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO ausscheidet -, da die Rücknahme durch das Fax vom 2.5.2005 bei der Festsetzung aktenkundig war. Daher führt auch die von den Beklagten geltend gemachte entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zu keinem anderen Ergebnis.
4. Auch soweit die sofortige Beschwerde teilweise unbegründet war, ist eine Gerichtsgebühr nach KV 1811 aus den vorstehenden Gründen nicht zu erheben.
Fundstellen
RVGreport 2006, 149 |
OLGR-Ost 2006, 281 |