Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 11.09.2008; Aktenzeichen 5 O 13/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 11. September 2008 - 5 O 13/08 - abgeändert:

Die nach dem Beschluss des Landgerichts Berlin vom 3. Juli 2008 - 5 O 13/08 - von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 1.159,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Juli 2008 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 367,71 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Kläger nahm die Beklagte auf Zustimmung der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses in Anspruch. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, auferlegte das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 3. Juli 2008 der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits.

Auf das Gesuch des Klägers hat das Landgericht die zu erstattenden Kosten auf 791,45 EUR festgesetzt, wobei es von der geltend gemachten Verfahrensgebühr eine Geschäftsgebühr mit dem Satz von 0,75 in Abzug gebracht hat. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, mit der er geltend macht, dass er mit seinem Prozessbevollmächtigten für dessen vorprozessuale Tätigkeit eine Pauschalvergütung vereinbart habe.

II.

Das nach § 104 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG als sofortige Beschwerde statthafte Rechtsmittel ist zulässig. In der Sache hat es auch Erfolg, denn die geltend gemachte Verfahrensgebühr war in voller Höhe festzusetzen.

Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden. Zwar ist die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des Landgerichts gemäß § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO verfahrensfehlerhaft, weil diese Entscheidung durch schlichte Verfügung getroffen worden ist. Sie hätte durch Beschluss ergehen müssen, was ganz herrschender Rechtsmeinung entspricht (OLG Stuttgart MDR 2003, 110, 111; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Auflage, § 572 ZPO Rn. 10). Dieser Auffassung folgt der Senat in ständiger Rechtsprechung (vergleiche Beschluss vom 6. September 2007 - 2 W 147/07). Der Mangel des Vorlageverfahrens führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung. Das Beschwerdegericht ist auch bei einem derartigen Mangel zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde befugt (OLG Stuttgart, a.a.O.).

Der Senat folgt inzwischen in ständiger Rechtsprechung der Auffassung des Bundesgerichtshof (vgl. Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - NJW 2008, 1323), dass die Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des folgenden Rechtsstreits anzurechnen ist, was insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren zu beachten ist. Die hierfür maßgebende Vorschrift der Anlage 1, Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sieht eine solche Anrechnung aber nur vor, soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV RVG entstanden ist. Wie der Kläger im Beschwerdeverfahren glaubhaft gemacht hat, ist eine solche Gebühr aber für die vorprozessuale Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten tatsächlich nicht entstanden.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger tatsächlich mit seinem Prozessbevollmächtigten ein Pauschalhonorar für dessen vorprozessuale Tätigkeit vereinbart hatte. Insoweit hat der Kläger vorgetragen, dass er eine solche Vereinbarung getroffen habe und er dementsprechend eine Abrechnung über Pauschalhonorar erhalten und auch beglichen habe. Die Richtigkeit dieses Vortrages hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers anwaltlich versichert. Dieser Vortrag reicht zur hinreichenden Glaubhaftmachung im vorliegenden Verfahren aus, zumal die Beklagte es beim schlichten bestreiten des Vortrages des Klägers hat bewenden lassen. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bei Unaufklärbarkeit der Anrechnungsvoraussetzungen es bei der Beweislastentscheidung zulasten dessen bleibt, der sich abweichend vom gesetzlichen Regelfall einer 1,3-Verfahrensgebühr nach Nummer 3100 VV RVG auf die Anwendbarkeit der als Ausnahmebestimmung zu wertenden Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG beruft (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - Tz. 12, NJW 2008, 1323).

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine derartige Vergütungsvereinbarung nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetztes ausnahmsweise unwirksam sein könnte, was die Beklagte pauschal infrage gestellt hat, sind weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich.

Wird aber im Verhältnis zwischen der Partei und seinem Anwalt nicht nach den gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes, sondern nach einer Vergütungsvereinbarung abgerechnet, kommt eine Anrechnung nach Anlage 1, Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht in Betracht (Hansens, RVGreport 2008, 324). Demnach war der Erstattungsanspruch entsprechend dem Kostenfestsetzungsantrag vom 22. Juli 2008 in voller Höhe festzusetzen.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 91...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge