Leitsatz (amtlich)
Die Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG ist gewahrt, wenn ein als Nachlasspfleger eingesetzter Rechtsanwalt seinen pauschal geltend gemachten Vergütungsanspruch durch Übersendung seiner Handakte konkretisiert und das Nachlassgericht dies - wie in einer bereits früher erstellten Abrechnung - bei einem vermögenden Nachlass für die Prüfung der Vergütungshöhe für ausreichend erachtet und nach durchgeführter Prüfung die Vergütung entsprechend festsetzt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 17.11.2010; Aktenzeichen 87 T 343/07) |
AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 27.04.2007; Aktenzeichen 162/61 VI 5001/04) |
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 23) werden die Beschlüsse des LG Berlin vom 17.11.2010 - 87 T 343/07 - und des AG Schöneberg vom 27.4.2007 - 162/61 VI 5001/04 - aufgehoben.
Das Vergütungsverfahren wird an das AG Schöneberg zurückverwiesen.
2. Der Beschwerdewert wird auf 12.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für die Zulässigkeit und das Verfahren der Beschwerde gilt das FGG. Das Verhältnis von altem und neuem Verfahrensrecht wird in Art. 111 Abs. 1 FGG-RG geregelt. Dort bestimmt Satz 1, dass auf Verfahren, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind, oder deren Einleitung bis zu diesem Zeitpunkt beantragt wurde, weiter die vor Inkrafttreten des FGG-RG geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Abs. 2 stellt klar, dass jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ein selbständiges Verfahren i.S.v. Abs. 1 der Vorschrift ist. Jeder Festsetzungsantrag des Nachlasspflegers ist als ein solches selbständiges Verfahren anzusehen (vgl. OLG Dresden Rpfleger 2010, 325). Hier hat der Nachlasspfleger den Vergütungsfestsetzungsantrag vor dem 1.9.2009 am 14.3.2006 gestellt, so dass altes Recht zur Anwendung gelangt.
Die sofortige weitere Beschwerde ist auf Grund ihrer Zulassung durch das LG statthaft, §§ 75 S. 1, 56g Abs. 7 und 5 S. 2 FGG. Sie ist auch zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 29 Abs. Satz 2, Abs. 2 und 4, 22 Abs. 1 FGG.
II. Die sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 56g Abs. 5 S. 2, 27 Abs. 1FGG.
1. Das LG hat den Vergütungsantrag des Beteiligten zu 23) vom 14.3.2006 i.H.v. 12.500 EUR für "die hiesige Tätigkeit im 1. Halbjahr des 2. Verwaltungsjahres (7.12.2005 - 7.6.2006)" zu Unrecht zurückgewiesen, weil es das Erlöschen der Vergütungsansprüche angenommen hat, da sie nicht innerhalb der jeweiligen Ausschlussfristen des § 2 VBVG bei Gericht geltend gemacht worden seien.
a) Gemäß §§ 75 Satz 1, 56g Abs. 7 und Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGG i.V.m. § 1962 BGB setzt das Nachlassgericht auf Antrag eine dem Nachlasspfleger zu bewilligende Vergütung fest. Zutreffend geht das LG zunächst davon aus, dass sich auch die Höhe einer dem Nachlasspfleger zu bewilligenden Vergütung gem. §§ 1960 Abs. 2, 1915 Abs. 1 BGB nach den für die Vergütung eines Vormunds geltenden Regelungen richtet. Während ehrenamtliche Pfleger lediglich Aufwendungsersatz und Aufwandsentschädigung gemäß den §§ 1835, 1835a BGB erhalten, erhält der Nachlasspfleger eine Vergütung, wenn es sich um eine Berufspflegschaft handelt. So liegt der Fall hier, wie das Nachlassgericht in seinem Bestellungsbeschluss vom 2.12.2004 festgestellt hat.
Seit Inkrafttreten des 2. BtÄndG am 1.7.2005 bestimmt sich die Höhe der Vergütung bei berufsmäßiger Nachlasspflegschaft danach, ob der Nachlass mittellos oder vermögend ist. Bei einem mittellosen Nachlass sind über die §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 3 BGB die Stundensätze des § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) maßgeblich. Danach erhält der Nachlasspfleger bei mittellosem Nachlass eine Vergütung aus der Staatskasse, die maximal 33,50 EUR pro Stunde beträgt, § 3 Abs. 3 Satz 2 VBVG.
Bei vermögendem Nachlass orientiert sich die Vergütung dagegen nicht an § 3 Abs. 1 VBVG (BT-Drucks. 15/4874 S 27: weil diese "zu einer unangemessen niedrigen Vergütung führen" kann), sondern an § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kommt es für die Angemessenheit der Vergütung auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an (vgl. Siegmann/Höger in BeckOK BGB, § 1960 Rz. 19a; hier auch zum Folgenden).
Die früher teilweise praktizierte Vergütung nach Prozentsätzen des Nachlasses (so OLG Düsseldorf, ZEV 1998, 356, 357) wird dem nicht gerecht und kommt daher nicht in Betracht (OLG Zweibrücken Rpfleger 2007, 396; OLG Hamm, ZEV 2002, 466, 467; Zimmermann, ZEV 2005, 473, 474). Mittelbar kann aber die Höhe des Nachlassvermögens Bedeutung gewinnen, wenn durch sie der Umfang und die Schwierigkeit der vom Nachlasspfleger vorzunehmenden Geschäfte beeinflusst werden (Leipold in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 1960 Rz. 73). Die Höhe der Vergütung ist nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte, § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB, zu bestimmen.
Es ist ...