Leitsatz (amtlich)
Der Grundstückseigentümer hat nach der Löschung von Zwangseintragungen grundsätzlich keinen Anspruch auf Umschreibung des Grundbuchblatts (Anschluss an OLG Düsseldorf, FGPrax 2017, 100; OLG Köln, FGPrax 2015, 249; OLG Naumburg, FGPrax 2014, 54; OLG München, NJOZ 2014, 687; OLG Celle, FGPrax 2013, 146; BayObLG, NJW-RR 1993, 475).
Normenkette
GBO § 46; GBV §§ 28, 39; WGV § 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 15. Juli 2021 wird nach einem Wert von 5.000 EUR zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligte ist für die im Beschlusseingang genannten Wohnungseigentumsrechte seit 1990 bzw. 1992 als Eigentümer eingetragen. In Abt. II waren jeweils ein Vermerk über die Anordnung der Zwangsversteigerung (eingetragen 2003, gelöscht 2004), ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO (eingetragen 2013, gelöscht 2014) und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen (eingetragen 2014, gelöscht am 8. Dez. 2020) gebucht. Aus Abt. III sind eine Arresthypothek sowie eine Sicherungshypothek aus dem Jahr 2003 ersichtlich, die am 11. März 2021 gelöscht wurden.
Die Beteiligte hat unter dem 21. Juni 2021 beantragt, die Grundbuchblätter umzuschreiben, da die gelöschten Eintragungen kreditschädigend und diskriminierend seien. Die höchstens abzuwartende Dreijahresfrist (analog § 882e ZPO) habe mit der gerichtlichen Bestätigung ihres Insolvenzplans durch Beschluss vom ... 2018 begonnen. Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens sei durch Rechtsbehelfe eines ihrer Gläubiger verzögert worden. Das Grundbuchamt hat den Antrag mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten (insbes. Bl. 31/1 bis 31/37 d.A. Blatt ...) Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) jedoch nicht begründet. Das Grundbuchamt hat den Antrag zu Recht gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 GBO zurückgewiesen. Der Senat hat zu einem vergleichbaren Sachverhalt mit Beschluss vom 10. September 2019 - 1 W 122/19 - ausgeführt:
"a) Das Grundbuch ist dazu bestimmt, über die das Grundstück betreffenden Rechtsverhältnisse möglichst erschöpfend und zuverlässig Auskunft zu geben (BGH, NJW-RR 2017, 1162, 1163). Mit dem Grundbuch sollen auf sicherer Grundlage bestimmte und sichere Rechtsverhältnisse für unbewegliche Sachen geschaffen und erhalten werden (RGZ 145, 343, 354; 61, 374, 377; Demharter, GBO, 31. Aufl., Einleitung, Rdn. 1). Hierauf beruht der öffentliche Glaube des Grundbuchs und die Vermutung der Richtigkeit des Registerinhalts, §§ 891, 892, 893 BGB.
Der öffentliche Glaube beschränkt sich nicht nur auf positive Eintragungen, sondern auch auf Löschungen, vgl. § 891 Abs. 2 BGB. Das macht es erforderlich, auch gelöschte Eintragungen noch erkennen zu können (BGH, NJW 2019, 2541, 2542). Deshalb erfolgt die Löschung eines Grundpfandrechts regelmäßig durch Eintragung eines Löschungsvermerks, § 46 Abs. 1 GBO, in Spalte 10 der dritten Abteilung des Grundbuchs, § 11 Abs. 7 GBV. Außerdem sind die Eintragungen in Spalten 1 bis 7 rot zu unterstreichen, § 17 Abs. 2 S. 1 GBV. Im maschinell geführten Grundbuch können die Unterstreichungen schwarz dargestellt werden, § 91 S. 2 GBV. In dem Grundbuch darf nichts radiert und nichts unleserlich gemacht werden, § 21 Abs. 1 S. 2 GBV.
Dementsprechend hat das Grundbuchamt die ... Löschungen ... vollzogen. Hiergegen gibt es nichts zu erinnern und auch der Beteiligte wendet sich hiergegen nicht.
b) Der Beteiligte hat keinen Anspruch auf Umschreibung des Grundbuchblattes.
aa) Nur ein unübersichtlich gewordenes Grundbuchblatt hat das Grundbuchamt - durch Anlegung eines neuen und Schließung des alten Blattes, § 30 GBV - umzuschreiben, § 28 S. 1 GBV. Diese Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor und werden auch von dem Beteiligten nicht behauptet. ... Es liegt auch kein Fall der fakultativen Umschreibung vor. Durch eine Umschreibung würde das Grundbuchblatt nicht wesentlich vereinfacht werden, § 28 S. 2 GBO.
bb) Die Regelungen in § 28 GBV können hier auch nicht entsprechend angewendet werden.
(1) Das kann allerdings der Fall sein, wenn einer Eintragung im Grundbuch ein Offenbarungsverbot entgegensteht (BGH, a.a.O., zu § 5 Abs. 1 TSG; OLG Schleswig, NJW-RR 1990, 23, zu § 1758 BGB; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 613b). Ein solches Verbot ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich.
(2) Darüber hinaus wird in der Literatur diskutiert, ob der Eigentümer die Umschreibung verlangen kann, wenn alte Zwangsversteigerungs- oder Insolvenzvermerke zwar längst gelöscht, aber trotzdem noch erkennbar sind und sich diskriminierend und kreditschädigend auswirken können (Keller, in: KEHE, GBO, 8. Aufl., § 28 GBV, Rdn. 3; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2018, § 32, Rdn. 46f.; ders., in: BeckOK GBO, 2019, § 3, Rdn. 8; a.A.: Schneider, in: Meikel, GBV, 11. Aufl., § 28, Rdn. 9; Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 613a; Demharter, a.a.O...