Normenkette
BGB § 1928 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 23.03.2016) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 3.-10. und 12. gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - Nachlassgericht - vom 23.3.2016 wird auf ihre Kosten bei einem Beschwerdewert von 850.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 3.-10. und 12. wenden sich als mögliche Erben 5. Ordnung mit ihrer am 18.4.2016 eingegangenen Beschwerde gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 8.3.2016, den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer zugestellt am 23.3.2016, in dem die für die Erteilung eines Alleinerbscheins zu Gunsten des Beteiligten zu 1) - Antragstellers - erforderlichen Tatsachen festgestellt worden sind. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der Begründung der Entscheidung wird auf den angefochtenen Beschluss (Bd. II Bl. 1 - 3 d.A.) Bezug genommen.
Die Beschwerdeführer vertreten weiterhin die Ansicht, der Antragsteller schließe sie nicht von der Erbfolge aus, weil der Erbfall am 11.1.2009 und damit vor dem 29.5.2009 - dem Wirksamwerden der Regelungen des 2. ErbGleichG - eingetreten ist mit der Folge, dass der vor dem 1.7.1949 nichtehelich geborene Antragsteller - trotz der Anerkennung der Vaterschaft durch seinen Erzeuger - in der väterlichen Linie nicht erbberechtigt sei. Daran ändere auch der im Zeitpunkt des Erbfalls noch geltende Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB nichts. Denn diese Regelung, wonach in Ansehung eines vor dem Wirksamwerden des Beitritts geborenen nichtehelichen Kindes die für die erbrechtlichen Verhältnisse eines ehelichen Kindes geltenden Vorschriften anzuwenden sind, enthalte im Hinblick auf den Zweck der Überleitungsregelung, Bestandschutz zu gewähren, das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal, dass dem nichtehelichen Kind nur die Erbrechte, die ihm unter der Geltung des ZGB zugestanden hätten, erhalten bleiben sollten. Die Regelung setze voraus, dass es ohne den Beitritt zur Erbfolge des Kindes nach dem ZGB gekommen wäre. Unter der Geltung des ZGB wäre der Antragsteller als Erbe der 4. Ordnung jedoch nicht erbberechtigt gewesen, da das ZGB ausweislich der Regelungen der §§ 365 - 369 ZGB nur Erben der 1. bis 3. Ordnung kannte und, wenn solche nicht vorhanden waren, gemäß § 369 Abs. 1 ZGB der Staat als gesetzlicher Erbe berufen war. Anhaltspunkte dafür, dass der Einigungsgesetzgeber die Rechte nichtehelicher Kinder über Art 235 § 1 Abs. 2 EGBGB sogar noch erweitern wollte, lägen nicht vor. Die vom Nachlassgericht vorgenommene Auslegung der Bestimmung sei mit den gesetzlichen Regelungen und der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung unvereinbar.
Mit Beschluss vom 7.6.2016 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3. - 10. und 12. ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht (§§ 63, 64 FamFG) eingelegt und begründet worden. Die Beschwerdeführer sind auch beschwerdebefugt im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG, da sie - anstelle des Antragstellers - das Erbrecht für sich in Anspruch nehmen.
In der Sache bleibt die Beschwerde jedoch ohne Erfolg, denn die Entscheidung, die für die Erteilung eines Erbscheines zu Gunsten des Beteiligten zu 1. als Alleinerben erforderlichen Tatsachen festzustellen, ist auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung nicht zu beanstanden.
Ausgangspunkt der Prüfung des zum Zeitpunkt des Erbfalls anwendbaren Rechts sind die Bestimmungen des Art. 230 EGBGB und Art 235 § 1 Abs. 1 EGBGB, aus denen sich ergibt, dass auf den vorliegenden, nach dem 03.10.1990 eingetretenen Erbfall die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden sind. Insoweit stellt das Nachlassgericht zutreffend fest, dass der Erbe 4. Ordnung im Sinne des § 1928 Abs. 1 BGB die Erben 5. Ordnung im Sinne des § 1929 Abs. 1 BGB gemäß § 1930 BGB von der Erbfolge ausschließt.
Da der Antragsteller der einzige Erbe 4. Ordnung ist, kommt es mithin für die Begründetheit seines Erbscheinsantrages allein darauf an, ob er als nichteheliches Kind in väterlicher Linie erbfähig ist.
Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches wäre der Antragsteller zwar als ein vor dem 1.7.1949 nichtehelich geborenes Kind nicht erbberechtigt gewesen, weil der Erbfall vor dem 29.5.2009, dem zeitlichen Geltungsbereich des 2. ErbGleichG, eingetreten ist. Dem Antragsteller kommt jedoch aufgrund des maßgeblichen Erbstatuts die im Rahmen des Einigungsvertrages eingeführte Überleitungsvorschrift des Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB zugute. Dieser hatte ab dem 3.10.1990 zunächst folgenden Wortlaut:
"Anstelle der §§ 1934a - 1934e und § 2338a des Bürgerlichen Gesetzbuches gelten auch sonst, wenn das nichteheliche Kind vor dem Wirksamwerden des Beitritts geboren ist, die Vorschriften über das Erbrecht des ehelichen Kindes."
Im Zuge der teilweisen Gleichstellung nichtehelicher und ehelicher Kinder durch das 1. ErbGleichG wurde Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB zum 1....