Leitsatz (amtlich)
1. Die für die richterliche Überzeugung erforderlichen objektiven Grundlagen müssen aus rationalen Gründen den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
2. Fehlen Beweismittel, mit denen der Verdacht auf ein manipuliertes Unfallgeschehen im Zusammenhang mit einem Betrugsvorwurf nachgewiesen werden könnte, bedarf es einer Häufung von Beweisanzeichen, die für einen fingierten Unfall typisch sind.
Normenkette
StGB §§ 25, 263
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 11.06.2015; Aktenzeichen (565) 222 Js 1638/13 Ns (34/15)) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Juni 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten und den inzwischen gesondert Verfolgten M. wegen Betruges gemäß §§ 263, 25 StGB jeweils zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Euro 15,00 verurteilt. Hiergegen haben beide Berufung eingelegt. Nach Abtrennung des Verfahrens gegen den seitdem gesondert Verfolgten M. hat das Landgericht die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass dieser zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je Euro 15,00 unter Bewilligung einer Ratenzahlung verurteilt wird. Hiergegen hat der Angeklagte Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung sachlichen Rechts mit dem Ziel, freigesprochen zu werden.
II.
Die Revision hat - vorläufigen - Erfolg.
Das Urteil des Landgerichts ist aufzuheben und die Sache nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer zurückzuverweisen. Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben, weil die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist.
1) Nach den Feststellungen des Landgerichts verabredeten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte M. zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt, einen gestellten Verkehrsunfall durchzuführen, um anschließend unberechtigte Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend zu machen. Am 24. Februar 2010 befuhr der gesondert Verfolgte M. absprachegemäß mit seinem PKW Mercedes Benz die in . In Höhe der Hausnummer 40 lenkte er sein Fahrzeug bewusst ungebremst nach rechts, wo der Pkw des Angeklagten der Marke BMW am rechten Fahrbahnrand abgestellt war. Er streifte den BMW und rief anschließend die Polizei zum Unfallort. Er gab wahrheitswidrig an, im Zuge eines Ausweichmanövers versehentlich gegen das Fahrzeug des Angeklagten gekommen zu sein und es dabei beschädigt zu haben. Das später durch den Angeklagten in Auftrag gegebene Gutachten ergab Reparaturkosten in Höhe von Euro 5.561,10. Über Rechtsanwalt B. forderte der Angeklagte am 2. März 2010 bei der A. Versicherung die Regulierung des Unfallschadens in Höhe von insgesamt Euro 5.979,23, auf die er, wie er wusste, keinen Anspruch hatte. Die Versicherung regulierte den Schaden, indem sie am 30. März 2010 einen Vorschuss in Höhe von Euro 2.500,00, am 29. April 2010 einen Betrag von Euro 1.417,20 und am 17. August 2010 einen Betrag von Euro 1.022,63 an den Angeklagten überwies. Die letzte Rate überwies die A. Versicherung erst, nachdem der Angeklagte mit Schreiben seines Rechtsanwalts B. vom 2. Juli 2010 unter Vorlage des BMW-Serviceheftes und unter Berufung auf das sogenannte VW-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2009 die Erstattung der Kosten auf Grundlage der Kalkulation nach Löhnen der Firma BMW verlangt hatte. Der zuständige Mitarbeiter der A. Versicherung ging dabei - wie vom Angeklagten beabsichtigt - irrtümlich davon aus, dass der BMW bisher stets bei der Firma BMW gewartet und repariert worden war. Tatsächlich hatte der Angeklagte frühere Schäden an dem BMW nicht durch die Firma BMW reparieren lassen. Der gesonderte Verfolgte M. zeigte den Schaden an seinem Fahrzeug in Höhe von insgesamt Euro 1.970,42 bei seiner Kaskoversicherung an, die er ebenfalls bei der A. Versicherung abgeschlossen hatte.
2) Das Landgericht hat seinen Feststellungen die Angaben des Angeklagten, soweit es ihnen gefolgt ist, und die Ausführungen des Sachverständigen für Unfallrekonstruktion Dipl-Ing. P. zugrunde gelegt.
Der Angeklagte hat angegeben, dass er am Abend des 24. Februar 2010 mit Freunden in einer Schischa-Bar gewesen sei. Als er zu seinem ordnungsgemäß abgestellten BMW gegangen sei, den er in der Vergangenheit für ca. Euro 28.000,00 gebraucht, aber Scheckheft gewartet erworben habe, habe er feststellen müssen, dass das Fahrzeug beschädigt gewesen sei. Er habe von der Polizei erfahren, dass der gesondert Verfolgte M., den er zuvor nicht gekannt habe, im Zuge eines Ausweichmanövers versehentlich gegen den BMW gefahren sei. Auch am 18. Februar 2009, 19. Oktober 2009, 18. Januar 2010 und 21. August 2010 seien verschiedene Fahrzeuge in die Seite seines jeweils ordnungsgemäß geparkten BMW gefahren. Er habe da wirklich Pech...