Leitsatz (amtlich)
Als Verfahrensabschnitt im Sinne des § 51 RVG ist jeder Teil der Hauptverhandlung zu verstehen, für den besondere Gebühren bestimmt sind.
Jedoch sind einzelne Hauptverhandlungstage keine gesonderten Verfahrensabschnitte im kostenrechtlichen Sinne, so dass die gesonderte Bewilligung von Pauschgebühren für einzelne Verhandlungstage nicht zulässig ist.
Die Hauptverhandlung ist - unabhängig von der konkreten Anzahl der Hauptverhandlungstage - als ein Verfahrensabschnitt im kostenrechtlichen Sinne anzusehen.
Normenkette
RVG § 51
Tenor
Der Wahlverteidigerin, Rechtsanwältin Dr. G. wird auf ihren Antrag vom 7. Februar 2014 gem. § 42 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von
1.760,00 (eintausendsiebenhundertundsechzig) Euro
bewilligt. Im Übrigen wird ihr Antrag als unzulässig zurückgewiesen.
Die Umsatzsteuer wird von dem Urkundsbeamten gesondert festgesetzt.
Gründe
Der Angeklagte ist durch das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. Februar 2011 auf Kosten der Landeskasse Berlin freigesprochen worden. Die Antragstellerin war ab dem 17. Januar 2006 als Wahlverteidigerin für den Angeklagten tätig. Sie begehrt anstelle diverser gesetzlicher Gebühren - konkret der Grundgebühr, der Verfahrensgebühr sowie der Terminsgebühren für den ersten und 22. Hauptverhandlungstag - jeweils Pauschgebühren. Neben dem Antrag auf Bewilligung der genannten Pauschgebühren hat sie ebenfalls unter dem 7. Februar 2014 beim Landgericht Berlin einen Kostenfestsetzungsantrag nach § 464b StPO gestellt, der unter anderem die Vergütung für ihre Teilnahme an 40 weiteren Hauptverhandlungsterminen umfasst. In diesem - zwischenzeitlich beschiedenen - Antrag hat sie die genannten zwei Hauptverhandlungstage "zunächst" ausdrücklich ausgenommen und sich einen weiteren Festsetzungsantrag für diese Tage ausdrücklich vorbehalten.
Die Bezirksrevisorin beim Landgericht Berlin hat in ihrer Stellungnahme vom 15. Juli 2014 zu dem Antrag dargelegt, dass der Anwendungsbereich des § 42 RVG a.F. unter Berücksichtigung des Umfangs und des Schwierigkeitsgrades der anwaltlichen Tätigkeit grundsätzlich eröffnet sei. Dem schließt sich der Senat an.
In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Bezirksrevisorin beim Landgericht Berlin sind der Antragstellerin - insoweit entsprechend ihrem Antrag - nach Maßgabe des § 42 RVG für das erstinstanzliche Verfahren anstelle der Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG a.F. eine Pauschgebühr in Höhe von 600,00 Euro und anstelle der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4118 VV RVG a.F. eine Pauschgebühr in Höhe von 1.160,00 Euro zuzusprechen.
Soweit die Antragstellerin für die Teilnahme am ersten und 22. Hauptverhandlungstag (22. Juni 2009 und 1. Oktober 2009) anstelle der Terminsgebühren gemäß Nr. 4120 VV RVG a.F. Pauschgebühren in Höhe von jeweils 1.560,00 Euro begehrt, ist der Antrag hingegen unzulässig.
Zutreffend hat die Bezirksrevisorin beim Landgericht Berlin in ihrer Stellungnahme zu dem Pauschantrag darauf hingewiesen, dass die Geltendmachung von Pauschgebühren für einzelne Verfahrensabschnitte bereits ausweislich des Gesetzeswortlautes sowohl gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG als auch den Wahlverteidiger betreffend gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 RVG grundsätzlich zulässig ist. Nach den gesetzlichen Bestimmungen in § 42 Abs. 1 Satz 3 RVG und § 51 Abs. 1 Satz 3 RVG sind für den Fall der Beschränkung der Bewilligung einer Pauschgebühr auf einzelne Verfahrensabschnitte die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Demzufolge ist als Verfahrensabschnitt jeder Teil der Hauptverhandlung zu verstehen, für den besondere Gebühren bestimmt sind (vgl. BT-Dr. 15/1971, S. 198 [Gesetzesbegründung zu § 42 RVG]; so auch Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG 21. Aufl., § 51 RVG Rdn. 37; Hartmann, Kostengesetze 45. Aufl., § 42 Rdn. 20). Hierzu gehört neben der Grundgebühr (VV Nr. 4100) unter anderem auch die Verfahrensgebühr (VV Nr. 4104), mit der die Tätigkeiten des Verteidigers in dem Verfahren bis zum Eingang der Anklageschrift, des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht oder im beschleunigten Verfahren bis zum Vortrag der Anklage, wenn diese nur mündlich erhoben wird, abgegolten werden.
Die einzelnen Hauptverhandlungstage sind hingegen keine gesonderten Verfahrensabschnitte im kostenrechtlichen Sinne, so dass die gesonderte Bewilligung von Pauschgebühren für einzelne Verhandlungstage nicht zulässig ist (vgl. noch für § 99 BRAGO OLG Koblenz JurBüro 1993, 607; so auch Hartmann aaO. § 51 Rdn. 10). Zwar wird für jeden einzelnen Hauptverhandlungstag, an dem der Verteidiger teilgenommen hat, eine separate Gebühr (im Fall der Verhandlung vor der großen Strafkammer VV Nr. 4120) festgesetzt. Diese Gebühren stellen jedoch wegen der Berücksichtigung der Gesamtdauer bereits bei den "Normalgebühren" (vgl. Hartmann aaO.) keine gesonderten Gebühren im vorgenannten Sinne dar. Sie unterfallen zudem derselben Ziffer des Kostenverzeichnisses und werden demselben Gebührenrahmen entnommen. Da die Anzahl der Haupt...