Leitsatz (amtlich)
1. Beteiligt sich ein Täter aus reinem Gewinnstreben an gut organisierten Formen der Kriminalität, so belegt dies regelmäßig seine besondere Gefährlichkeit und zwingt zu einer strengeren Prüfung der Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 StGB; dies gilt umso mehr, wenn die Anlasstaten der Organisierten Kriminalität im engeren Sinne zuzuordnen sind.
2. Eine Reststrafenaussetzung nach Maßgabe des strengeren Prüfungsmaßstabes setzt voraus, dass erprobt und durch Tatsachen belegt ist, dass die Persönlichkeitsmängel und sonstigen Straftatursachen soweit behoben sind, dass die Rückfallgefahr nur noch sehr gering ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 09.09.2019; Aktenzeichen 599 StVK 309/19) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 9. September 2019 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer verbüßt zurzeit - im Anschluss an die vollständige Vollstreckung einer neunmonatigen Gesamtfreiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 14. September 2012 - den Rest einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und fünf Monaten wegen Zuhälterei in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung und mit vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, die das Landgericht Berlin gegen ihn mit Urteil vom 7. Februar 2017, rechtskräftig seit dem 15. Februar 2017, unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des Landgerichts Berlin vom 30. Januar 2014 (Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung) und vom 7. Mai 2014 (Verurteilung wegen schweren Raubes) verhängt hat. Der gemeinsame Zweidrittelzeitpunkt war am 13. Oktober 2018 erreicht. Das Strafende ist auf den 4. März 2021 (Tagesende) notiert.
Der Verurteilung vom 7. Februar 2017 lag folgendes Tatgeschehen zugrunde:
Der damalige Angeklagte war im Frühjahr 2013 - ebenso wie die weiteren Angeklagten Li. und Le. - Mitglied des mittlerweile aufgelösten Rockerclubs "D.". Er unterhielt eine Beziehung zu der Nebenklägerin K., die von häufigen Streitigkeiten geprägt war und schließlich, nicht zuletzt durch Bedrohung und Erniedrigung der K., in ein Abhängigkeitsverhältnis mündete. Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Mitangeklagte Li. benötigten unter anderem deshalb vermehrt Geld, weil sie häufig Kokain konsumierten, selbst jedoch keiner Arbeit nachgingen. In der Folgezeit ging zunächst K. und einige Zeit später auch die in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Li. stehende B. der Prostitution nach, wobei der Beschwerdeführer den gesamten Prostitutionserlös der K. und Li. den der B. vereinnahmte. Dem konnten sich beide Frauen wegen ihrer emotionalen Bindung an den jeweiligen Angeklagten nicht widersetzen. Konkret wies der Beschwerdeführer die K. - die zu dieser Zeit über keine andere Einnahmequelle verfügte - an, ab dem 8. April 2013 in zwei bordellartigen Clubs in Berlin-Charlottenburg der Prostitution nachzugehen, nämlich an sechs Tagen der Woche von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr im Club C. und an sieben Tagen der Woche von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr im Club M. Der Beschwerdeführer holte die K. jeweils vom Club C. ab und brachte sie zum Club M.; von dort holte er sie entweder ab und ließ sich sogleich den von ihr erzielten Erlös aushändigen oder er kam zu diesem Zweck am nächsten Morgen in ihre Wohnung. Da die K. ständig müde wirkte, musste sie die Tätigkeit im Club C. am 8. Mai 2013 aufgeben und ging in der Folgezeit nur noch der Prostitution im Club M. nach. Der Beschwerdeführer ließ sich weiterhin von ihr den gesamten dort erzielten Prostitutionserlös auszahlen. Als der Beschwerdeführer am 7. Juni 2013 bemerkte, dass sich die K. heimlich ein Mobiltelefon zugelegt hatte, hegte er den Verdacht, sie erziele weitere "private" Prostitutionserlöse, die sie für sich behalte. Aus Verärgerung darüber schlug er ihr in ihrer Wohnung mehrfach mit der flachen Hand ins Gesicht. Mit den Worten "Pack' deine Sachen, dein Leben ist jetzt vorbei!" nahm er sie sodann mit in das Clubhaus des Rockerclubs, wo er ihr in Anwesenheit der Mitangeklagten mit der Faust ins Gesicht schlug und zwei Fußtritte versetzte, einen davon gezielt ins Gesicht, wodurch sie zu Boden ging. Der Beschwerdeführer wollte auf diese Weise erreichen, dass die K. die vermuteten verheimlichten Prostitutionserlöse an ihn auskehrte. K. erlitt eine Schwellung der Gesichtshälfte, ein Hämatom am Auge, eine aufgeplatzte Lippe sowie weitere Hämatome an Bauch und Oberschenkel. Auf Weisung des Beschwerdeführers, der ihre Tasche entleerte, ihre Bankkarte zerstörte und ihre Schlüssel und Krankenkassenkarte im dortigen Safe verstaute, blieb die K. fortan in dem Clubhaus, wo ihr der Beschwerdeführer ein Zimmer zuwies und bestimmte, dass sie das Haus nicht allein verlassen dürfe und in den Zeiten seiner Abwesenheit den Anweisungen des Li. Folge zu leisten habe. Nach Abheilung ihrer Wunden nahm die K. auf Weisung des Beschwerdeführe...