Normenkette
AktG § 67c Abs. 3, § 246a Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 94 O 12/23) |
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Anfechtungsklage, die bei dem Landgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 94 O 12/23 anhängig ist und mit der die Antragsgegnerin den Beschluss der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 9. Januar 2023 zum damaligen Tagesordnungspunkt 5 angreift (Kapitalerhöhung durch Ausgabe von 59.584 Aktien), der bereits erfolgten Eintragung dieses Beschlusses über die Kapitalerhöhung in das Handelsregister bei dem Amtsgericht Charlottenburg nicht entgegensteht und dass etwaige Mängel dieses Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung in das Handelsregister unberührt lassen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Der Verfahrenswert wird auf 35.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Freigabe eines von der Antragsgegnerin angefochtenen Beschlusses ihrer Hauptversammlung über eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss.
Die Antragstellerin ist ein Warenhandelsunternehmen. Ihr Grundkapital beträgt aktuell 100.500,00 EUR. Es ist in 100.500 auf den Namen lautende vinkulierte Stückaktien von je 1,00 EUR eingeteilt. Hauptaktionärin ist die A GmbH. Weitere Aktionäre sind die Antragsgegnerin sowie Herr F.
Im Oktober und Dezember 2018 sowie im Juli 2021 kaufte die Antragsgegnerin von der A GmbH insgesamt 26.500 Aktien der Antragstellerin. Die Abtretung der Aktien erfolgte gemäß § 3 der jeweiligen Kaufverträge unter aufschiebenden Bedingungen (Anlagen ASt 4 und ASt 5). Im Zuge einer Kapitalerhöhung auf 100.500,00 EUR erwarb die Antragsgegnerin am 4. November 2021 weitere 500 Aktien an der Antragstellerin.
Am 7. Dezember 2022 veröffentlichte die Antragstellerin eine Einladung zur Hauptversammlung für den 9. Januar 2023 im elektronischen Bundesanzeiger (Anlage ASt 22). Am 21. Dezember 2022 veröffentlichte sie dort darüber hinaus eine Ergänzung der Tagesordnung für die Hauptversammlung am 9. Januar 2023 unter anderem um den Tagesordnungspunkt Kapitalerhöhung (mit Bezugsrechtsausschluss) (Anlage ASt 23).
An der Hauptversammlung am 9. Januar 2023 nahm nur die A GmbH teil und fasste unter anderem den streitgegenständlichen Beschluss zu einer Kapitalerhöhung nebst Bezugsrechtsausschluss. Dem Protokoll waren ein Teilnehmerverzeichnis, welches die Antragsgegnerin mit 27.000 Stammaktien auswies, und ein Bericht des Vorstandes über den Bezugsrechtsausschluss beigefügt (Anlage ASt 25). Der Vorstandsbericht lag bei der Hauptversammlung aus.
Am 3. Februar 2023 erhob die Antragsgegnerin Anfechtungsklage unter anderem gegen den streitgegenständlichen Kapitalerhöhungsbeschluss bei dem Landgericht Berlin, welche unter dem Aktenzeichen 94 O 12/23 geführt wird (Anlage ASt 3). Mit Urteil vom 24. Februar 2023 zu dem Aktenzeichen 94 O 9/23 lehnte das Landgericht einen Antrag der Antragsgegnerin vom 1. Februar 2023 auf Erlass einer auf Rücknahme des Antrags auf Eintragung des Beschlusses im Handelsregister gerichteten einstweiligen Verfügung ab (ASt 2). Am 2. März 2023 erfolgte die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister (Anlage ASt 29).
Die Antragstellerin behauptet, im letzten Quartal 2022 habe sie kurzfristig liquide Mittel zur Abwendung einer drohenden Insolvenz benötigt, was sich aus den von ihr als Anlagen ASt 13 und ASt 20 vorgelegten Kontoaufstellungen und -auszügen ergebe. Die Annahme des Angebots der A GmbH, 500.000,00 EUR bei der Antragstellerin unter der Bedingung der am 9. Januar 2023 beschlossenen Kapitalerhöhung mit einem alleinigen Bezugsrecht zu investieren, sei daher notwendig gewesen. Ca. 440.000 EUR habe die A GmbH bereits vor dem 9. Januar 2023 an die Antragstellerin gezahlt.
Die Antragstellerin beantragt,
festzustellen, dass die Anfechtungsklage, die bei dem Landgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 94 O 12/23 anhängig ist und mit der die Antragsgegnerin den Beschluss der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 9. Januar 2023 zum damaligen Tagesordnungspunkt 5 angreift (Kapitalerhöhung durch Ausgabe von 59.584 Aktien), der bereits erfolgten Eintragung dieses Beschlusses über die Kapitalerhöhung in das Handelsregister bei dem Amtsgericht Charlottenburg nicht entgegensteht und dass etwaige Mängel dieses Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung in das Handelsregister unberührt lassen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie trägt vor, der Alleinvorstand der Antragstellerin habe dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin den Termin der Hauptversammlung treuwidrig bewusst verschwiegen. Der Vorstandsbericht zum Bezugsrechtsausschluss hätte vor der Hauptversammlung bekannt gemacht werden müssen. Sofern die Antragstellerin in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, was die Antragstellerin nicht schlüssig dargelegt habe, wäre dies Folge eines Missmanagements gewesen. Der Bezugsrechtsausschluss sei für eine Sanierung nicht erforderlich gewesen. Die Forderung des Bezugsrechtsausschlusses sei allein eine solche des...