Leitsatz (amtlich)
1. Die Kfz-Haftpflichtversicherung darf den Versicherungsnehmer in den Grenzen der Kfz PflVV in Regress nehmen, wenn der Versicherungsnehmer nach einem Unfall dem Versicherer nicht offenbart, wer der Fahrer seines Fahrzeugs war; ein laufendes Strafverfahren gegen den Versicherungsnehmer wegen Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort und gegen den Fahrer wegen fahrlässiger Tötung u.a. rechtfertigt nicht falsche Angaben gegen dem Versicherer.
2. Die Kfz-Haftpflichtversicherung kann auch den Fahrer als Mitversicherten in diesen Grenzen - i.H.v. zweimal 5.000 EUR - in Regress nehmen, wenn dieser sich unerlaubt vom Unfallort entfernt hat und zudem nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war.
Normenkette
PflVG § 3 Nr. 2, § 9 S. 2; BGB § 426 Abs. 1; Kfz PflVV §§ 5-6
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 20.05.2009; Aktenzeichen 7 O 244/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Berlin vom 20.5.2009 - 7 O 244/08 - wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren haben der Beklagte zu 1) 1/3 und der Beklagte zu 2) 2/3 zu tragen; ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.
Gründe
Die Berufung der Beklagten war durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordern.
Dazu kann auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 9.3.2010 verwiesen werden, in dem der Senat im Einzelnen ausgeführt hat, dass die Klägerin den Beklagten zu 1) als Versicherungsnehmer der bei ihr abgeschlossenen Haftpflichtversicherung und den Beklagten zu 2) als Fahrer des Unfallfahrzeuges in den Grenzen der §§ 5, 6 KfzPflVV und in dem insoweit zugesprochenen Umfang von 5.000 EUR und 10.000 EUR wegen der von ihnen jeweils begangenen Obliegenheitsverletzungen gem. § 3 Nr. 9 Satz 2 PflVG i.V.m. § 426 Abs. 1 BGB in Anspruch nehmen kann, nachdem sie wegen der schweren Verletzung des Fahrers des gegnerischen Fahrzeuges und der tödlichen Verletzung des Beifahrers bis zum 21.1.2008 Haftpflichtleistungen im Umfang von 157.549,06 EUR erbracht hatte.
Entgegen den Ausführungen im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.4.2009 "verkennt" der Senat dabei keineswegs, dass die Beklagten im Strafverfahren vor dem AG Königs Wusterhausen nicht verpflichtet waren, die Wahrheit zu sagen. Soweit der Beklagte zu 1) hierzu behauptet, bei seiner Einlassung habe es sich nur um einen "Deal" gehandelt, der geschilderte Sachverhalt sei demzufolge kein eigenes Erleben und resultiere nicht auf einer bewussten Wahrnehmung des Erlebten, ändert dies nichts. Denn der Beklagte zu 1) hat den in der Hauptverhandlung vor dem AG Königs Wusterhausen geschilderten und im Urteil vom 10.10.2007 S. 5 (Anlage K 2 der Klageschrift) niedergelegten Ablauf des Tages vor dem Unfallereignis am Abend des 29.6.2006 am Ortseingang von Halbe mit dem tragischem Ausgang für die Insassen des gegnerischen Fahrzeuges und das Geschehen danach - gemeinsames Entfernen vom Unfallort zu Fuß - nicht konkret bestritten und er tut dies auch weiterhin nicht. Er hat damit im vorliegenden Rechtsstreit den von der Klägerin eingeführten Sachverhalt auch insoweit nicht bestritten, als er dort angegeben hat, sich vor der Weiterfahrt nach dem Aufenthalt am Badestrand auf den Beifahrersitz gesetzt und während der Fahrt durch den Beklagten zu 2) bis zum Unfall an seinem Laptop gearbeitet zu haben. Unabhängig davon ist aber auch allein unter Berücksichtigung der übrigen Umstände seine Behauptung, bis zur Hauptverhandlung den Fahrer nicht gekannt zu haben, da er stark angetrunken gewesen sei und das Fahrzeug einem Freund verliehen habe, nicht glaubhaft. Auch bei starker Alkoholisierung des Beklagten zu 1) vor und während der Unfallfahrt kam für ihn als Fahrer seines Fahrzeugs niemand anderes als der Beklagte zu 2) in Betracht, nachdem er an diesem Tag mit dem Beklagten zu 2) in seinem Fahrzeug geschäftlich unterwegs gewesen war und sich vor der Fortsetzung der Fahrt gemeinsam mit dem Beklagten zu 2) an einem Badestrand aufgehalten hatte. Wenn er dann nach dem Unfall in der Lage war, aus dem Auto auszusteigen und sich gemeinsam mit dem Beklagten zu 2) zu Fuß vom Unfallort zu entfernen, kann auch die behauptete alkoholbedingte Einschränkung seiner Wahrnehmungsfähigkeit nichts daran ändern, dass der Beklagte zu 1) aufgrund seiner eigenen Handlungen und seines eigenen Erlebens an diesem Tag alle Zusammenhänge kannte, die den zweifelsfreien Schluss darauf zuließen, dass der Beklagte zu 2) zum Zeitpunkt des Unfalls der Fahrer seines Fahrzeuges war. Gleichwohl gab er bewusst wahrheitswidrig und mehrfach ggü. der Klägerin an, den Fahrer nicht zu kennen. Dabei beließ er es nicht einmal, sondern er ließ mit Schreiben vom 24.8.2006 den unzutreffenden Sachverhalt mitteilen, da...