Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Nachweis des sog. äußeren Bildes in der Kfz-Kaskoversicherung durch eigene Angaben des Versicherungsnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

Die Redlichkeitsvermutung zugunsten des VN, dem für den Diebstahl seines Fahrzeugs keine Zeugen zur Verfügung stehen, ist nicht schon durch jede Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, die mit dem Diebstahlsgeschehen in keiner Verbindung steht, erschüttert. Vielmehr muss es sich um Unredlichkeiten von einigem Gewicht handeln, die schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit begründen. Solche können aber vorliegen, wenn der VN vorsätzlich falsche Angaben zur Höhe des Kaufpreises des versicherten Fahrzeugs gemacht hat.

 

Normenkette

VVG § 1 S. 1, § 88; AKB 2008 A. 2.1.2b; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 18.08.2011; Aktenzeichen 44 O 70/11)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit H ./. ...Versicherung AG wird der Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung einstimmig zu der Auffassung gelangt ist, dass seine Berufung offensichtlich unbegründet ist und auch die übrigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen, so dass beabsichtigt ist, seine Berufung gegen das Urteil des LG Berlin vom 18.8.2011 durch Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 520 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Der Kläger rügt, das LG habe seine auf Entschädigung aus dem Kaskoversicherungsvertrag gerichtete Klage wegen des behaupteten Diebstahls seines Fahrzeugs zu Unrecht abgewiesen, indem es seinen Angaben unter Verletzung der §§ 286, 141 ZPO i.V.m. §§ 446, 447 ZPO keinen Glauben geschenkt habe.

Eine Würdigung der Angaben des Klägers in dem Fragebogen der Beklagten und seiner persönlichen Angaben vor dem LG ergibt jedoch, dass das LG den Beweis zu Recht als nicht geführt angesehen hat.

Zwar genügt ein Versicherungsnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast für den behaupteten Diebstahl jedenfalls vorläufig schon dann, wenn er einen Sachverhalt behauptet und beweist, aus dem sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild einer versicherten Entwendung ergibt. Dazu genügt es, wenn festgestellt werden kann, dass das versicherte Fahrzeug an einem bestimmten Ort abgestellt und dort später gegen seinen Willen nicht wieder aufgefunden worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 26.2.1996 - IV ZR 300/94, BGHZ 132, 79-84; Urt. v. 17.3.1993 - IV ZR 11/92, VersR 1993, 571 unter 1b m.w.N.).

Für dieses äußere Bild eines Fahrzeugdiebstahls gibt es vorliegend keine Zeugen. Dies schließt allerdings die dem Kläger obliegenden Mindestbeweisführung nicht aus. Im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses kann nämlich unter Umständen auch den Behauptungen und Angaben des Versicherungsnehmers geglaubt werden, wenn dieser ihre Richtigkeit auf andere Weise nicht beweisen kann. Letzteres setzt allerdings voraus, dass die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers nicht durch unstreitige oder vom Versicherer bewiesene Indizien erschüttert ist; insoweit genügt es, dass ernsthafte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers bestehen bleiben (BGH, a.a.O.).

So verhält es sich hier. Die Glaubwürdigkeit des Klägers ist in einem Ausmaß erschüttert, welches auch seine Darstellung zum Diebstahlsgeschehen in Frage stellt.

Das LG hat insoweit auf der Grundlage der persönlichen Anhörung des Klägers festgestellt, dass der Kläger vorsätzlich falsche Angaben gegenüber der Beklagten zur Höhe des Kaufpreises des versicherten Fahrzeugs gemacht hat, indem er den wesentlich höheren Bruttokreditbetrag des Ratenkredits angegeben hat, und die Feststellung des Vorsatzes nachvollziehbar und widerspruchsfrei damit begründet, der Kläger sei aufgrund seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung für die Gaststätte seiner Ehefrau tätig und erledige u.a. die Einkäufe. Er sei daher in geschäftlichen Dingen jedenfalls insoweit bewandert, als ihm der Unterschied zwischen Kaufpreis und Finanzierungsaufwand bekannt sei. Ihm sei daher auch bewusst gewesen, dass sich die Frage, zu welchem Preis und mit welcher Laufleistung das Fahrzeug erworben wurde, auf den für die zu zahlende Versicherungsleistung maßgebenden Wert des Fahrzeugs bezog, für den etwaige Finanzierungskosten ohne jede Bedeutung waren.

Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen könnten, trägt der Kläger nicht vor. Es ist auch nicht rechtsfehlerhaft, dass das LG diese Unredlichkeit als maßgeblichen Gesichtspunkt für die Erschütterung der Redlichkeitsvermutung verwertet hat. Der Kläger macht zwar im Ansatz zutreffend geltend, dass nicht schon jede Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, die mit dem Diebstahlsgeschehen in keiner Verbindung steht, den Schluss erlaubt, einem Versicherungsnehmer, dem eine solche Unrichtigkeit entgegengehalten werden kann, sei auch die Vortäuschung eines Diebstahls zuzutrauen. Vielmehr muss es sich u...

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