Leitsatz (amtlich)
Die sog. Redlichkeitsvermutung zugunsten des Versicherungsnehmers einer Kaskoversicherung, der eine Entschädigungsleistung des Versicherers wegen des behaupteten Diebstahls seines Fahrzeugs begehrt, ist nicht schon allein dadurch erschüttert, dass er dem Versicherer die Überschreitung der vereinbarten jährlichen Kilometerleistung vertragswidrig nicht angezeigt hat.
Normenkette
VVG a.F. § 1 Abs. 1; AKB 2007 §§ 12-13
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 41 O 290/09) |
Gründe
In dem Rechtsstreit K.A.V.-AG ./. B. wird auf die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf Folgendes hingewiesen:
Nach Vorberatung der Sache beabsichtigt der Senat, die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Der Senat misst dem Berufungsvorbringen der Beklagten keine Erfolgsaussicht bei. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert sie eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.
Die angefochtene Entscheidung des LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung.
Das LG hat der Klage stattgegeben, weil es nach Durchführung der Beweisaufnahme überzeugt gewesen ist, dass der Vortrag des Klägers zum sog. äußeren Bild eines Diebstahls, d.h. dazu, wann und wo er das Fahrzeug zuletzt abgestellt und später nicht wieder vorgefunden hatte, richtig ist. Die Gründe dafür hat es in den Urteilsgründen ausführlich und überzeugend dargelegt. Die dagegen vorgebrachten Argumente der Beklagten zeigen dagegen keine Rechtsfehler oder fehlerhafte Tatsachenfeststellung durch das LG auf.
1. Die Beklagte meint, der Kläger sei nicht redlich und deshalb nicht glaubwürdig. Richtig ist insoweit, dass Redlichkeit bzw. Glaubwürdigkeit Voraussetzung dafür ist, dass ein Versicherungsnehmer das äußere Bild des Diebstahls durch seine eigenen Angaben im Rahmen seiner Anhörung nach § 141 ZPO führen kann, wenn er, wie der Kläger, keine Zeugen für das Abstellen und Nichtwiederauffinden seines Fahrzeugs hat. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BGH davon auszugehen, dass zugunsten des Versicherungsnehmers eine Glaubwürdigkeitsvermutung gilt, weil in der Lebenswirklichkeit der redliche und nicht der unredliche Versicherungsnehmer der Regelfall ist (Kollhoser in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 49 Rz. 60 m.w.N.). Diese Glaubwürdigkeitsvermutung entfällt nur, wenn aufgrund unstreitig feststehender oder bewiesener Tatsachen, die Unglaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers feststeht oder aber schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit und der behaupteten Entwendung gegeben sind (Kollhosser, a.a.O., Rz. 61).
Berücksichtigt man diese Rechtsprechungsgrundsätze, scheidet ein Teil der Vorwürfe der Beklagten schon aus:
- Die Beklagte kann ihre Behauptung, der Kläger habe sich bei Abschluss des Versicherungsvertrages durch falsche Angaben zur Laufleistung, einen unrechtmäßigen Rabattvorteil erschlichen, d.h. bewusst falsche Kilometerangaben gemacht, um eine niedrigere Versicherungsprämie zu zahlen, offensichtlich nicht beweisen.
- Nicht bewiesen ist -wenn man die Fertigung von Nachschlüsseln zugunsten der Beklagten zunächst unterstellt- eine Kenntnis des Klägers von diesem Vorgang. Schlüssige Indizien für eine Kenntnis ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass neben der mechanischen Fertigung weitere elektronische Maßnahmen erforderlich sind, die den Nachschlüssel erst tauglich machen, das Fahrzeug zu starten. Ein unbekannter Täter, dem ein Zugriff auf den Originalschlüssel gelingt, wird naturgemäß auch den betreffenden Originalschlüssel neu einlesen, so dass der berechtigte Fahrzeugnutzer, insbesondere wenn er wie der Kläger stets den gleichen Schlüssel nutzt, die Manipulation nicht bemerken kann. Dies hat schon das LG erschöpfend dargelegt, worauf ergänzend Bezug genommen wird.
- Die Beklagte hat für die Behauptung, der Kläger habe den polizeilichen Fragebogen nicht ausgefüllt an die Polizei zurückgesandt, keinen Beweis angetreten. Das Gegenteil lässt sich i. Ü. der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft entnehmen. Dort ist der ausgefüllte Fragebogen als von der Polizei an die Staatsanwaltschaft nachgesandter Vorgang abgeheftet (Bl. 19 ff. d. BA.). Einen Eingangsstempel der Polizei trägt der Fragebogen nicht.
- Für falsche Angaben des Klägers zur Nutzung des versicherten Fahrzeugs im Ausland ist die Beklagte beweisfällig. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht aufgrund der Zeugenaussage der Lebensgefährtin vor dem LG nicht fest, dass der Kläger in den letzten drei Monaten vor dem strittigen Versicherungsfall mit dem versicherten Fahrzeug in Polen gewesen ist (auf die Begründung im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen).
Der verbleibende Sachverhalt, den die Beklagte mit ihrer Berufungsbegründung anführt, ist nach Auffassung des Senats nicht geeignet, schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers zu begründen:
- Aus dem vertragswidrigen Verhalten des Klägers, der die bei Vertra...