Normenkette
BGB § 1612a Abs. 2 S. 2, § 1617b Abs. 1, § 1617c Abs. 1; EGBGB Art. 6, 10 Abs. 1, 3; PStG § 48; RuStAG § 4 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Entscheidung vom 16.04.2021; Aktenzeichen 71i III 7/21) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert:
Der Beteiligte zu 4 wird angewiesen, den Geburtenregistereintrag Nr. 1 ... /2 ... des Standesamts N ... von B ... wie folgt zu berichtigen:
Kind:
Geburtsname: G ... -W ...
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Beteiligte zu 1 ist Staatsangehörige der Republik Ghana. Sie schloss am 9. März 2009 in Ghana die Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen U... L ... und trug fortan den Familiennamen L ... . Die Ehe wurde am 17. November 2014 geschieden. Mit "statutory declaration" vom 18. Oktober 2019, die im Auftrag der Beteiligten zu 1 von ihrer Schwester vor dem Superior Court of Judicature in Accra (Ghana) unterzeichnet wurde, erklärte die Beteiligte zu 1, dass sie ihrem durch Eheschließung erworbenen Namen ihren Geburtsnamen hinzufügen wolle, so dass ihr vollständiger Name mit sofortiger Wirkung "E ... L ... -G ..." laute. Nach Ablauf ihres noch auf den Namen E ... L ... lautenden ghanaischen Reisepasses stellte das "Passport Office" der Republik Ghana in Berlin der Beteiligten zu 1 am 7. Juli 2020 einen Reisepass auf den Namen E ... L ... -G ... aus.
Am 3. Oktober 2019 gebar die Beteiligte zu 1 in Berlin den Beteiligten zu 5. In der Geburtsanzeige an das Standesamt vom 13. November 2019 gab die Beteiligte zu 1 an, der Beteiligte zu 2 sei Vater des Kindes, die Vaterschaftsanerkennung solle im Standesamt beurkundet werden. Der Familienname des Kindes solle sich nach dem Recht von Ghana richten und "G ... -W ..." lauten. Das Standesamt stellte mit Verfügung vom 5. Dezember 2019 die Beurkundung zurück.
Am 12. Mai 2020 erkannte der Beteiligte zu 2 zu notarieller Urkunde an, der Vater des Beteiligten zu 5 zu sein. Er erklärte außerdem, er sei damit einverstanden, dass das Kind Vor- und Nachnamen in Übereinstimmung mit dem Recht der Republik Ghana erhalten solle und N ... M ... C ... G ... -W ... heiße. Eine Sorgeerklärung wurde zunächst nicht abgegeben. Die Beteiligte zu 1 stimmte der Vaterschaftsanerkennung am 12. Mai 2020 in notarieller Urkunde zu.
Mit "statutory declaration" vom 21. Juli 2020 vor dem Supreme Court of Judicature in Tema (Ghana) erklärte die Schwester der Beteiligten zu 1 in deren Namen, dass der Doppelname G ... -W ... für den Beteiligten zu 5 nach dem Recht von Ghana zulässig und rechtlich bindend sei. Die Option, einen Doppelnamen zu führen und dem Kind einen Doppelnamen aus den Namen beider Elternteile zu geben, bestehe für verheiratete wie für unverheiratete Paare und sei nicht von einem gewöhnlichen Aufenthalt in Ghana abhängig. Trage ein Elternteil einen Doppelnamen, könne dieser auch aussuchen, welcher der Namen an das Kind weitergegeben werde. In einer Bescheinigung vom 30. Juli 2020 erklärte die Botschaft der Republik Ghana in Berlin, dass die beigefügte Erklärung betreffend die Führung des Doppelnamens G ... -W ... nach ghanaischem Recht zulässig und rechtlich bindend sei. Es gebe keinen Grund, dem Kind die Führung des Doppelnamens G ... -W ... zu verwehren.
Am 7. August 2020 beurkundete das Standesamt die Geburt des Beteiligten zu 5 mit dem Familiennamen "L ... -G ...". Mit Schreiben desselben Tages lehnte es gegenüber der Beteiligten zu 1 die Beurkundung mit dem Geburtsnamen "G ... -W ..." nach ghanaischem Recht ab. Zur Begründung führte es aus, die Namensführung des Kindes unterliege gemäß Art. 10 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB deutschem Recht. Eine Wahl des ghanaischen Rechts nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB sei nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 2018 - XII ZB 47/17 - nicht möglich, weil nach ghanaischem Recht der Name des Kindes grundsätzlich frei wählbar sei.
Die Beteiligten zu 1 und 2 erklärten zu notarieller Urkunde vom 30. November 2020, die elterliche Sorge für den Beteiligten zu 5 gemeinsam übernehmen zu wollen. Mit Antrag vom 29. Januar 2021 haben sie beantragt, den Beteiligten zu 4 anzuweisen, die Geburt des Beteiligten zu 5 mit dem Geburtsnamen G ... -W ... zu beurkunden.
Sie sind der Ansicht, sie seien in ihrem durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Elternrecht verletzt, wenn die Wahl eines Familiennamens, der ganz an der familiären Zugehörigkeit orientiert sei, nur deshalb ausgeschlossen werde, weil die gewählte Rechtsordnung auch die Wahl eines Phantasienamens ermöglicht hätte.
Das Amtsgericht Schöneberg hat den Antrag als Berichtigungsantrag ausgelegt und diesen zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Art. 10 Abs. 3 EGBGB eröffne nicht die Wahl des Rechts von Ghana. Nach diesem Recht könne der Name eines Kindes frei bestimmt werden, ohne dass es auf einen familiären Bezug ankäme. Es handele sich deshalb nicht um einen Familiennamen im Sinne von Art. 10 Abs. 3 EGBGB. Dass die Beteiligten zu 1 und 2 dem Beteiligten zu 5 einen Namen mit familiärem Bezug geben wollten, ändere daran nichts,...