Leitsatz (amtlich)
Eine nach § 9 Abs. 1 S. 1 GBBerG kraft Gesetzes entstandene beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die bis zum 31.12.2010 nicht im Grundbuch eingetragen ist, kann nur dann gutgläubig "wegerworben" werden, wenn der Antrag auf Eigentumsumschreibung nach dem 31.12.2010 gestellt wurde.
Verfahrensgang
AG Berlin-Köpenick (Beschluss vom 06.09.2011; Aktenzeichen 41 TP 28303N) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG Köpenick aufgehoben.
2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die mit Schriftsatz der Beteiligten zu 1) vom 1.4.2011 beantragte Berichtigung des Grundbuchs vorzunehmen.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat mit einem an das AG Lichtenberg gerichteten Schreiben vom 26.11.2010, nach Weiterleitung beim AG Köpenick am 3.12.2010 eingegangen, die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (220-kV-Leitung) unter Bezugnahme auf die Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung der Senatsverwaltung ...vom 5.11.2007 beantragt.
In dem betroffenen Grundbuch von Treptow, ..., wurde am 23.6.2009 ein Antrag auf Eigentumsumschreibung gestellt, der am 19.1.2011 vollzogen wurde.
Die Grundbuchrechtspflegerin hat mit Beschluss vom 6.9.2011 den Antrag auf Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zurückgewiesen, da in ...des Grundbuchs am 19.2.2011 ein Eigentumswechsel eingetragen worden sei. Der Antrag sei verspätet zum zutreffenden Grundbuch gelangt, so dass ein gutgläubiger Wegerwerb entsprechend § 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG erfolgt sei. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 26.9.2011. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 12.10.2011 verwiesen (Bl. 127-134 d.A.). Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 17.10.2011 nicht abgeholfen und sie dem KG vorgelegt.
II. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1, §§ 73, 15 Abs. 2 GBO.
Die Beschwerde ist auch begründet, da der Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO i.V.m. § 8 SacheR-DV nicht mit der Begründung abgelehnt werden kann, dass ein gutgläubiger Wegerwerb der Eintragung der Dienstbarkeit entgegenstehe. In Folge dessen war das Grundbuchamt anzuweisen, die entsprechende Dienstbarkeit antragsgemäß einzutragen.
Es kommt nicht darauf an, ob der entsprechende Eintragungsantrag hinsichtlich der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit noch im Jahre 2010 gestellt worden ist oder aber erst im Jahre 2011. Das Grundbuchamt hat zwar zutreffend geprüft, ob zwischenzeitlich ein sog. "Wegerwerb" hinsichtlich der Dienstbarkeit stattgefunden hat, hierbei jedoch übersehen, dass ein solcher nur durch einen Eigentumsumschreibungsantrag, der nach dem 31.12.2010 gestellt wurde, stattfinden konnte.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG gilt im Hinblick auf die nach Satz 1 der Vorschrift kraft Gesetzes entstandenen Dienstbarkeiten § 892 BGB in vollem Umfang für Anträge, die nach dem 31.12.2010 gestellt sind. Für den Zeitpunkt der (vollständigen) Geltung von § 892 BGB hat der Gesetzgeber - in Übereinstimmung mit § 892 Abs. 2 BGB - auf den Eingang des Eintragungsantrags bei dem Grundbuchamt abgestellt (vgl. RegVBG in BT-Drucks. 12/6228, S. 75). Demzufolge wird nur ein gutgläubiger Erwerber, dessen Eintragungsantrag nach dem Stichtag eingegangen ist, durch § 892 Abs. 1 BGB geschützt (so im Ergebnis auch OLG Jena, Beschl. v. 2.2.2012 - 9 W 390/11-BeckRS 2012, 04586).
§ 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG macht die Anwendung der Gutglaubensvorschriften mithin von der Antragstellung hinsichtlich der Eigentumsumschreibung abhängig (vergleiche Böhringer, Rpfleger 2011, 409, 412).
Da vorliegend der Eigentumsumschreibungsantrag bereits am 23. 06.2009 gestellt worden war, konnte der neue Eigentümer das Grundstück nicht lastenfrei erwerben, da die beschränkte persönliche Dienstbarkeit kraft Gesetzes bereits entstanden war und er das Grundstück daher belastet erworben hat (vergleiche das Fallbeispiel bei Schmidt- Ränsch, ZfIR 2011, 625, 632).
III. Eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst, weil die Beschwerde Erfolg hat und deshalb Gerichtsgebühren nicht erhoben werden, § 131 Abs. 3 KostO.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor; zudem hat die Beschwerde des Antragstellers Erfolg, so dass er durch die Entscheidung des Senats nicht beschwert ist.
Fundstellen