Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen des § 1035 Abs. 4 ZPO kann zur Gewährleistung eines effizienten Rechtsschutzes auch die Feststellung begehrt werden, dass eine Schiedsrichterbestellung unwirksam ist.
Tenor
Auf den Hilfsantrag des Antragstellers wird festgestellt, dass die Bestellung von Rechtsanwalt S... als Schiedsrichter durch den Präsidenten der Rechtsanwaltskammer B... gemäß dessen Schreiben vom 11. Oktober 2017 unwirksam ist.
Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben der Antragsteller 90 % und der Antragsgegner 10 % zu tragen.
Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien schlossen am 8. November 2007 einen Sozietätsvertrag zur gemeinsamen Berufsausübung als Rechtsanwälte. § 20 des Vertrages weist unter der Überschrift Schiedsgericht folgende Regelung auf:
(1) Für alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder über seine Gültigkeit, die zwischen den Gesellschaftern oder zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft entstehen sollten, entscheidet unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs abschließend und verbindlich ein Schiedsgericht.
(2) Das Schiedsgericht soll aus einem Schiedsrichter bestehen. Dieser wird durch den Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer ernannt. Er muss die Befähigung zum Richteramt haben.
(3) Auf das schiedsrichterliche Verfahren finden die Vorschriften der ZPO, einschließlich des § 032 ZPO Anwendung.
(4) Zuständiges Gericht ist das Kammergericht Berlin gemäß § 1062 ZPO.
Der Antragsgegner kündigte die Sozietät zum 31. Dezember 2017. Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung über die Auslegung der Regelung unter § 18 des Vertrages, die unter der Überschrift "Fortführung der Sozietät, Abfindung" Fälle des Ausscheidens und der Kündigung regelt. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf den Sozietätsvertrag nebst Ergänzung (Anlagen AS 1 und AS 2) Bezug genommen.
Der Antragsgegner forderte den Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 12. Januar 2018 auf, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen und fügte ein Schreiben der Rechtsanwaltskammer B... vom 11. Oktober 2017 bei, in dem diese auf eine E-Mail des Bevollmächtigten Bezug nimmt und Herrn Rechtsanwalt S... als Schiedsrichter benennt.
Der Antragsteller ist der Meinung, ein Schiedsverfahren sei unzulässig, weil mit der Beendigung des Gesellschaftsvertrages die Schiedsklausel keine Geltung mehr beanspruchen könne. Jedenfalls sei das Schiedsverfahren nicht wirksam eingeleitet worden und die Bestellung des Schiedsrichters unwirksam.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens des Antragsgegners gegen den Antragsteller im Zusammenhang mit der Schiedsabrede aus dem Gesellschaftsvertrag vom 08.11.2007 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 01.11.2013 unzulässig ist;
hilfsweise,
festzustellen, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens des Antragsgegners gegen den Antragsteller nicht wirksam eingeleitet worden ist;
hilfsweise,
festzustellen, dass die Bestellung von Herrn Rechtsanwalt S..., B..., durch den Präsidenten der Rechtsanwaltskammer B... gemäß dortigem Schreiben vom 11.10.2017 unwirksam ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Haupt- und die Hilfsanträge zurückzuweisen.
Der Antragsgegner meint, das Schiedsverfahren sei zulässig. Er habe den Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer um Ernennung eines Schiedsrichters ersucht, die Ernennung sei dann aber auf den Präsidenten der Rechtsanwaltskammer B... delegiert worden.
II. Der Antragsteller hat nur mit dem Hilfsantrag wegen der Bestellung des Schiedsrichters Erfolg. Im Übrigen sind die Anträge unbegründet.
1. Der Hauptantrag auf Feststellung, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens unzulässig sei, ist gemäß §§ 1062 Abs. 1 Nr. 2, 1032 Abs. 2 ZPO zulässig. Eine wirksame Bildung des Schiedsgerichts ist angesichts der unwirksamen Schiedsrichterbenennung bisher nicht erfolgt (siehe unten 3), so dass der Antrag noch zulässig ist.
Der Hauptantrag ist jedoch unbegründet, weil eine wirksame Schiedsabrede vorliegt. Die Parteien haben in § 20 ihres Sozietätsvertrages eine gemäß §§ 1029, 1030, 1031 ZPO zulässige Schiedsklausel vereinbart, wonach alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit dem Vertrag verbindlich durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen. Anders als der Antragsteller meint, sind auch Streitigkeiten erfasst, die nach der Beendigung des Sozietätsvertrages entstehen, soweit sie - wie hier - im Zusammenhang mit dem Vertrag stehen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vereinbarung und entspricht im Übrigen auch allein einer interessengerechten Auslegung.
2. Der Hilfsantrag, dass die Einleitung des Schiedsverfahrens unzulässig sei, ist ebenfalls unbegründet. Maßgebliche Einwendungen, die einer Einleitung des Schiedsverfahrens durch den Antragsgegner entgegenstünden, werden nicht vorgetragen.
3. Der Hilfsantrag auf Feststellung, dass die Bestellung des Schiedsrichters unwirksam sei, ist jedoch gemä...