KG Berlin Beschluss vom 08.05.2001 - 1 W 49/01

Leitsatz (amtlich)

Die Terminsreisekosten des am Prozessgericht nicht zugelassenen, aber postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten der auswärtigen Partei sind auch dann erstattungsfähig, wenn der Rechtsanwalt an einem dritten Ort kanzleiansässig ist und bereits in die vorprozessuale Auseinandersetzung eingeschaltet und von der Partei unmittelbar mündlich informiert worden war, soweit nicht wegen eines wesentlich weiteren Anreiseweges Mehrkosten gegenüber einer Anreise vom Wohnort oder Sitz der Partei entstehen.

Normenkette

BRAGO § 28; ZPO § 78 Abs. 1, § 91 Abs. 2

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 36 O 293/00)

Tenor

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die nach dem im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung i.H.d. jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbaren Urteil des LG Berlin vom 13.10.2000 von den Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten über den bereits festgesetzten Betrag hinaus i.H. weiterer 603,10 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9.11.2000 festgesetzt.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben nach einem Wert von 600 bis 700 DM die Beklagten zu tragen.

Gründe

Das zulässige Rechtsmittel des Klägers hat Erfolg.

Wie der Senat – nach Erlass des hier angefochtenen Beschlusses – mit Beschluss vom 23.1.2001 – 1 W 8967/00 – (KG, Beschl. v. 23.1.2001 – 1 W 8967/00, KGReport Berlin 2001, 102 = MDR 2001, 473) grundsätzlich entschieden hat, sind die Terminsreisekosten des am Prozessgericht nicht zugelassenen, aber postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten i.d.R. erstattungsfähig. Dieser Grundsatz gilt zwar für den Regelfall mit der Einschränkung, dass der Prozessbevollmächtigte in der Nähe der auswärtigen Partei kanzleiansässig ist. Diese Einschränkung steht vorliegend der Erstattungsfähigkeit der Terminsreisekosten der vom Wohnsitz des Klägers (Freilassing) weit entfernt ansässigen Prozessbevollmächtigten (Frankfurt/Main) jedoch nicht entgegen. Sie beruht auf der Erwägung, dass sich typischerweise bei einem in der Nähe der Partei ansässigen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten die gegen das Entstehen der Terminsreisekosten abzuwägenden Vorteile ergeben, dass die Partei den Anwalt ohne größeren Kosten- und Zeitaufwand selbst unmittelbar nach Bedarf informieren kann, diesem die Sache möglicherweise schon aus der vorgerichtlichen Korrespondenz bekannt ist und er die Partei daher mit größerer Sachkenntnis vor dem Prozessgericht vertreten kann. Gleichartige Vorteile bestehen aber auch bei der vorliegenden Fallgestaltung, dass die Prozessbevollmächtigten zwar nicht in der Nähe der Partei ansässig sind, aber bereits in die vorprozessuale Auseinandersetzung eingeschaltet waren, hier zudem durch eines der Sozietätsmitglieder den Kläger beim Abschluss des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Vertrages vertreten hatten und mit ihm den Streitstoff auch mehrfach mündlich erörtert haben.

Die zitierte Senatsentscheidung beruht ferner auf der Erwägung, dass die Kosten einer Terminsreise des in der Nähe der Partei kanzleiansässigen Prozessbevollmächtigten im Wesentlichen den Kosten der der auswärtigen Partei in der Regel zuzubilligenden Informationsreise zu einem am Ort des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten entsprechen. Im hier gegebenen Fall der Bestellung eines an einem dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten ließe sich die volle Erstattung der Terminsreisekosten deshalb nicht rechtfertigen, wenn der Anwalt einen wesentlich weiteren Anreiseweg zum Ort des Prozessgerichts mit entsprechend höheren Kosten hätte als die Partei. Dies ist hier aber nicht der Fall; vielmehr wären bei einer Reise von Freilassing nach Berlin mindestens gleich hohe Kosten wie bei einer Reise von Frankfurt/Main nach Berlin entstanden.

Danach sind hier die Terminsreisekosten des Prozessbevollmächtigten des Klägers als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Lönnies Dr. Kasprik-Teperoglou Bartel

Richter am LG

Fundstellen

Haufe-Index 1102728

JurBüro 2002, 152

MittRKKöln 2001, 330

KG-Report 2002, 190