Leitsatz (amtlich)

Zur nachträglichen Änderung der Verfahrenskostenhilfebewilligung aufgrund von Vermögen, das dem bedürftigen Beteiligten durch die Rechtsverfolgung im Verfahren zugeflossen ist.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 24.06.2016; Aktenzeichen 156 F 2384/14)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 24.6.2016 erlassenen Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - 156 F 2384/14 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Rechtsmittel dagegen, dass das Familiengericht die mit Beschluss vom 7.7.2014 ursprünglich gewährte ratenfreie Verfahrenskostenhilfe, nachdem die beteiligten Ehegatten am 27.1.2016 einen Vergleich abgeschlossen haben, demzufolge der Antragsgegner an die Antragstellerin 43.731 EUR zahlt, abgeändert, die Nachzahlung der im Wege der Verfahrenskostenhilfe zu tragenden Kosten angeordnet und weiter verfügt hat, dass der gesamte Restbetrag von der Antragstellerin aus dem Vermögen zu zahlen ist.

II. Die sofortige Beschwerde ist zwar zulässig (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 1, 222 Abs. 2 ZPO), aber bleibt in der Sache selbst ohne Erfolg:

1. Dagegen, dass die ursprünglich gewährte Verfahrenskostenhilfe nachträglich abgeändert wurde und die Zahlung der gesamten, im Wege der Verfahrenskostenhilfe zu tragenden Kosten aus dem Vermögen der Antragstellerin angeordnet wurde, gibt es nichts zu erinnern. Denn im Gesetz ist diese Vorgehensweise ausdrücklich angeordnet (§ 120a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Danach soll das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Verfahrenskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben (§ 120a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere dadurch eintreten, dass der Beteiligte durch die Rechtsverfolgung etwas erlangt (§ 120a Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Dieser Fall ist hier eingetreten: Die Antragstellerin hat durch das von ihr eingeleitete Scheidungsverfahren tatsächlich etwas erlangt. Die Beteiligten haben nämlich im Anhörungstermin vom 27.1.2016 "zur Erledigung der Folgesachen Versorgungsausgleich und Zugewinn für den Fall der Rechtskraft der Scheidung" einen Vergleich geschlossen, demzufolge der Antragsgegner sich verpflichtet, an die Antragstellerin 43.731 EUR in zwei Teilbeträgen à 20.000 EUR bis zum 9.3.2016 bzw. à 23. 731 EUR bis zum 30.4.2016 zu zahlen. Der erste Teilbetrag wurde Anfang März 2016 an sie gezahlt; es ist davon auszugehen, dass auch der zweite Teilbetrag gezahlt wurde. Mit dem Vergleich haben die Beteiligten weiter wechselseitig auf alle Versorgungsausgleichsansprüche und alle etwaigen Zugewinnausgleichsansprüche verzichtet und den Verzicht der anderen Seite jeweils angenommen.

Nach § 120a Abs. 3 Satz 2 ZPO soll das Gericht nach rechtskräftiger Entscheidung - die Scheidung der Beteiligten ist seit dem 19.4.2016 rechtskräftig - prüfen, ob eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen mit Rücksicht auf das durch die Rechtsverfolgung Erlangte geboten ist. Das hat das Familiengericht getan und ist hierbei zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei der von der Antragstellerin aus dem Vergleich erlangen Zahlung um Vermögen im Sinne von § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO handelt. Das Vermögen ist von der Antragstellerin auch für die Finanzierung des Verfahrens einzusetzen, weil der erlangte Betrag von 43.731 EUR den "Schonbetrag", also den der Antragstellerin zu belassenden Vermögensbetrag von 2.600 EUR (§§ 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO, 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII iVm. der Durchführungsverordnung zu § 90 SGB XII vom 11.2.1988 (vgl. Zöller/Geimer, ZPO [31. Aufl. 2016], § 115 Rn. 57; § 120a Rn. 6) deutlich übersteigt. Nach § 115 Abs. 4 ZPO kann - wie hier geschehen - angeordnet werden, dass Beträge aus dem Vermögen zu leisten sind; das ist hier dergestalt erfolgt, dass die Antragstellerin die gesamten, im Wege der Verfahrenskostenhilfe zu tragenden Kosten aus ihrem Vermögen zu zahlen hat.

2. Der Beschwerdevortrag der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Entscheidung:

a) Der Vortrag der Antragstellerin, der Betrag, über den die Beteiligten sich verglichen haben, hätte sich ausschließlich auf den Versorgungsausgleich, nicht aber auf den Zugewinnausgleich bezogen, ist nicht nachvollziehbar und greift daher nicht durch: Im Einleitungssatz zum Vergleich heißt es ausdrücklich, dass der Vergleich (auch) zur "Erledigung der Folgesache Zugewinn" abgeschlossen wurde. Wenn, wie die Antragstellerin meint, ihr ein Zugewinnausgleichsanspruch überhaupt nicht zugestanden hätte und der Vergleich über den Zugewinn nur abgeschlossen worden wäre, um die Folgesache Zugewinn abzuschließen, dann wäre es nicht notwendig gewesen, dass die Beteiligten wechselseitig auf alle etwaigen Zugewinnausgleichsansprüche verzichtet haben. Vielmehr hätte es in diesem Fall genügt, festzustellen, dass ein Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin nicht bes...

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