Leitsatz (amtlich)
1. Balkone können in der Teilungserklärung zum Gemeinschaftseigentum bestimmt werden. Ein Balkonraum, der nur durch eine Wohnung zugänglich ist, ist nicht zwingend Sondereigentum (Abgrenzung von OLG München, FGPrax 2011, 281).
2. § 878 BGB ist auf eine Verfügungsbeschränkung nach § 172 Abs. 1 S. 4 und 5 BauGB auch dann nicht entsprechend anzuwenden, wenn der Eintragungsantrag allein wegen einer verzögerten oder fehlerhaften Bearbeitung des Grundbuchamts (oder z.B. auch durch die Baubehörde bei Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung) nicht mehr vor dem In-Kraft-Treten des Genehmigungsvorbehalts vollzogen worden ist (Fortführung von Senat, Beschluss vom 8.12.2015 - 1 W 518/15; wie Senat, Beschluss vom 13.10.2016 - 1 W 303/16).
Normenkette
BauGB § 172 Abs. 1 Sätze 5-6; WEG § 5 Abs. 2-3; BauGB § 172 Abs. 1 S. 4; BGB §§ 94, 878; WEG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 8
Verfahrensgang
AG Berlin-Neukölln (Aktenzeichen ...) |
Tenor
Die Zwischenverfügung zu Nr. 2 und 3 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde nach einem Wert von 5.000 EUR zurückgewiesen.
Insoweit wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Gründe
I. In notarieller Verhandlung vom 4.4.2016 erklärte die Beteiligte - eingetragene Eigentümerin - die Teilung des im Beschlusseingang genannten Grundstücks nach § 8 WEG (Bd II Bl. 3 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 5./6.4.2016 hat sie beantragt, die Teilung im Grundbuch einzutragen. Sie hat die Abgeschlossenheitsbescheinigung (Bd II Bl. 83 ff. d.A.), eine weitere Erklärung vom 21.6.2016 (Bd II Bl. 61 ff. d.A.) und ein unterschriebenes Schreiben des Bezirksamts Neukölln vom 21.5.2016 (Bd II Bl. 59 d.A.) nachgereicht, in dem es heißt, das Grundstück liege nicht in einem Gebiet nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB; es bestehe kein Genehmigungsvorbehalt i.S.v. § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB. Am 26.7.2016 hat das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung (Bd II Bl. 97 d.A.) erlassen, in der es unter Nr. 8 darauf hinweist, dass - sofern die weiteren Hindernisse nicht heute behoben würden - für den Vollzug der Teilungserklärung eine Genehmigung gemäß § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB erforderlich sei.
Am 27.7.2016 trat die am Vortag verkündete Erhaltungsverordnung "Rixdorf" vom 14.7.2016 in Kraft (GVBl. Berlin 2016, 470), in deren Geltungsbereich das Grundstück liegt.
Die Beteiligte hat Beschwerde (Bd II Bl. 102 ff. d.A.) gegen die Zwischenverfügung zu Nr. 2, 3 und 8 eingelegt, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten (Bd II Bl. 1 bis 120) Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet.
Die Zwischenverfügung zu Nr. 2 ist nicht gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GBO veranlasst. Das aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht. Die zu errichtenden Balkonräume müssen nicht im Sondereigentum stehen. Gleiches gilt für die baulichen Bestandteile der Balkone, soweit sie nicht ohnehin gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend Gemeinschaftseigentum sind. Es bedarf keiner Erörterung, ob ein (hier Balkon-) Raum entsprechend § 94 BGB als wesentlicher Bestandteil anderer Räume ohne Bestimmung nach §§ 5 Abs. 1, 3 Abs. 1 WEG Gegenstand des Sondereigentums sein kann (so wohl OLG München, FGPrax 2011, 281; a.A. Dötsch, ZfIR 2011, 882; Rapp, RNotZ 2012, 42 ff.; Hügel/Elzer, DNotZ 2012, 4, 9 f.). Denn bei einer allein in Betracht kommenden analogen Anwendung von § 94 BGB wäre § 5 Abs. 3 WEG ebenfalls entsprechend anzuwenden, so dass die Bestimmung als Gemeinschaftseigentum nicht zu beanstanden ist. Auch der Umstand, dass der Balkon nur durch eine Wohnung zugänglich ist, macht den Balkonraum nicht notwendigerweise zu Sondereigentum dieser Wohnung (vgl. BayObLG, NJW-RR 2001, 801 zu einem Spitzboden). Vielmehr sind umgekehrt Räume, die der einzige Zugang zu einem im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Raum sind, selbst Gemeinschaftseigentum, es sei denn es handelt sich - wie hier bei den Balkonen - um einen Raum, der von seiner Beschaffenheit her nicht zum ständigen Mitgebrauch aller Wohnungseigentümer bestimmt ist (BayObLG, a.a.O. m.w.N.).
Die ergänzende Erklärung, die das Grundbuchamt mit der Zwischenverfügung zu Nr. 3 verlangt, ist nicht erforderlich. Der beanstandeten Klausel lässt sich nach dem Gesamtzusammenhang mit der im Grundbuchverfahren erforderlichen Eindeutigkeit (vgl. Demharter, GBO, 30. Aufl., § 19 Rn. 28) durch Auslegung entnehmen, dass die bezeichneten Befugnisse jedes Sondereigentümers jeweils nur für sein Sondereigentum und seine Miteigentumsanteile gelten.
Im Übrigen ist die Beschwerde nicht begründet. Die Zwischenverfügung zu Nr. 8 ist gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GBO zu Recht ergangen. Die genannte Bedingung ist erfüllt, da die Beteiligte Unterlagen zur Behebung der zutreffend aufgezeigten Hindernisse - u.a. zu Nr. 1 10.001/10.000 Miteigentumsanteile - erst am 6.9.2016 eingereicht hat.
Die Bewilligung des Eigentümers nach § 19 GBO, § 8 Abs. 1 WEG genügt für die beantragte Anlegung der Wohnungsgrundbücher...