Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwiderhandlung gegen das Schwerbehindertengesetz

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Urteil vom 09.10.1997; Aktenzeichen 333 OWi 512/97)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 9. Oktober 1997 wird mit der Maßgabe verworfen, daß die Geldbuße auf 1.000,00 DM herabgesetzt wird.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher. Nichterfüllung seiner Anzeigepflicht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Schwerbehindertengesetz in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Schwerbehindertengesetz zu einer Geldbuße von 3.000,00 DM verurteilt. Mit seiner nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG zulässigen Rechtsbeschwerde beanstandet der Betroffene das Verfahren und rügt er die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat nur hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Erfolg.

1. Zu den Verfahrensrügen und der Sachrüge, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, hat die Staatsanwaltschaft bei dem Kammergericht wie folgt Stellung genommen:

„I. Die Verfahrensrügen dringen nicht durch.

1. Die Rüge, die Verteidigung sei durch den die Aussetzung des Verfahrens ablehnenden Beschluß des Amtsgerichts unzulässig beschränkt worden (§§ 71 Abs. 1 OWiG, 338 Nr. 8, 228 Abs. 1 Satz 1 StPO), ist jedenfalls unbegründet.

Die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren nicht bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch des Betroffenen gegen den Bescheid der Hauptfürsorgestelle über die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehindertengesetz auszusetzen, weist keinen Rechtsfehler auf. Eine Norm, die die Aussetzung bei der hier vorliegenden Verfahrenslage zwingend vorschreibt, gibt es nicht. Unter dem Gesichtspunkt der weiteren Sachaufklärung oder der Fürsorgepflicht des Gerichts und seiner Pflicht, ein justizförmiges Verfahren durchzuführen (vgl. KG StV 1982, 10), war die Aussetzung nicht geboten, die ohne triftigen prozessualen Grund nicht angeordnet werden darf (vgl. Gollwitzer in LR, StPO, 25. Aufl., § 228 Rdnr. 8 m.N.).

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist die Entscheidung, ob der Betroffene trotz seines Schreibens vom 10. Juli 1996 gegen seine ihm aus § 13 Abs. 2 SchwbG erwachsende Anzeigepflicht verstoßen und deshalb gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 3 SchwbG ordnungswidrig gehandelt hat, vom Amtsgericht zu treffen. Sie stellt keine Vortrage im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Hauptfürsorgestelle dar, der sich auf einen vom Arbeitsamt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 SchwbG erlassenen rechtskräftigen Feststellungsbescheid stützt, durch den die Angaben des Betroffenen gerade ersetzt werden.

2. Die Beanstandung der Rechtsbeschwerde, es sei fehlerhaft kein rechtlicher Hinweis auf die Möglichkeit einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehung und auf die Erhöhung der im Bußgeldbescheid ausgesprochenen Geldbuße ergangen (§§ 71 Abs. 1 OWiG, 265 Abs. 2 StPO), geht – völlig unabhängig von der Frage der Zulässigkeit dieser Rüge (vgl. KG, Beschluß vom 25. August 1997 – 3 Ws (B) 436/97 – m.w.N.) – schon deshalb fehl, weil dem Betroffenen bereits in dem Bußgeldbescheid vorsätzliches Handeln zur Last gelegt wird (Bl. 60 d.A.) und Umstände, die das Gericht veranlassen, eine höhere Geldbuße als im Bußgeldbescheid festzusetzen, keine Hinweispflicht auslösen (vgl. OLG Hamm NJW 1980, 1587; KG, Beschluß vom 31. Januar 1996 – 3 Ws (B) 546/95 –).

II. Die Sachrüge verhilft der Rechtsbeschwerde auch nicht zum Erfolg.

Die Urteilsfeststellungen tragen eine Verurteilung des Betroffenen wegen vorsätzlicher Nichterfüllung seiner Anzeigepflicht aus § 13 Abs. 2 SchwbG.

Das Amtsgericht hat mit Hilfe eines Auszuges aus dem. Handelsregister vom 10. März 1997 und einer „Gewerbeauskunft” des Bezirksamts Wilmersdorf von Berlin vom 11. März 1997 rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Betroffene zum Zeitpunkt der Tat Geschäftsführer der … Taxi GmbH war und ihn die Pflichten des Arbeitgebers i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG trafen (UA S. 2 und 3). Der Hinweis der Rechtsbeschwerde auf Vermerke im Protokoll berücksichtigt nicht, daß allein die schriftlichen Urteilsgründe maßgeblich sind (vgl. BGHSt 21, 149, 151); der Einwand, das Urteil enthalte keine Feststellungen zur Geschäftsführerstellung des Betroffenen, ist nicht nachvollziehbar.

Die von der Rechtsbeschwerde vermißte Darlegung der einzelnen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 SchwbG im Urteil gefährdet deren Bestand nicht. Die Anforderungen an die von dem Betroffenen verlangte Anzeige sind in dieser Vorschrift niedergelegt, die (auch) dem Rechtsbeschwerdegericht bekannt ist. Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind für eine Überprüfung ausreichend.

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist auch die vorsätzliche Begehung in den Urteilsgründen durch die Darlegung des Geschehensablaufs und insbesondere den Hinweis auf die Aufforderungen der Fachbehörde an den Betroffenen ausreichend belegt. Danach konnt...

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