Leitsatz (amtlich)
1. Die Zulässigkeit einer Aufklärungsrüge, mit der die vermisste Anhörung eines etwaigen Zeugen geltend gemacht wird, setzt voraus, dass zumindest mitgeteilt wird, ob und in welcher prozessualen Rolle die Auskunftsperson bereits vernommen worden ist und welche Aussagen sie dabei gemacht hat.
2. Die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten nach § 74 StGB n.F. hat – ebenso wie nach alter Rechtslage – den Charakter einer Nebenstrafe, stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar und kann daher nur zusammen mit dem Strafausspruch angegriffen werden; anders verhält es sich bei einer Sicherungseinziehung gemäß § 74b StGB n.F.
3. Bei der Einziehung von Taterträgen nach § 73 StGB n F., die in der Sache dem Verfall nach § 73 StGB a.F. entspricht, handelt es sich hingegen (weiterhin) nicht um eine Strafe oder strafähnliche Maßnahme, so dass sie den Strafausspruch in der Regel nicht berührt und einer Beschränkung des Rechtsmittels jedenfalls dann zugänglich ist, wenn die Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt geprüft werden kann.
4. Die Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit nach §§ 263 Abs. 3, 267 Abs. 3 StGB sind regelmäßig vom Schuldspruch widerspruchsfrei abtrennbar und von der Bindungswirkung der mit einer wirksamen Berufungsbeschränkung eintretenden horizontalen Teilrechtskraft nicht umfasst.
5. Misst der Tatrichter den Vorstrafen beachtliche schuldsteigernde Bedeutung bei, so sind in der Regel Darlegungen über den Zeitpunkt der Verurteilungen und deren Rechtskraft, die Art und Höhe der erkannten Rechtsfolgen sowie – in kurzer, präziser Zusammenfassung – die zugrunde liegenden Straftaten erforderlich. Feststellungen zu dem einer Vorstrafe zugrundeliegenden Sachverhalt können allerdings entbehrlich sein, wenn der Tatrichter bei der Strafzumessung nur auf die Warnwirkung einer früheren Verurteilung abstellt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 27.09.2019; Aktenzeichen (517) 256 Js 1033/15 Ls Ns (6/18)) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. September 2019 mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten sprach den Angeklagten durch Urteil vom 25. Januar 2018 wegen "Betruges in 116 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung" schuldig, verhängte Einzelfreiheitsstrafen von 50-mal einem Jahr und sechs Monaten (Fälle 11 bis 26, 50 bis 55, 74 bis 86 sowie 102 bis 116) sowie 66-mal einem Jahr und drei Monaten (Fälle 1 bis 10, 27 bis 49, 56 bis 73, 87 bis 101) und erkannte auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Für sämtliche Fälle stellte das Amtsgericht fest, dass der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hatte. Die auf den Strafausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten, der die vom Amtsgericht angeordnete Einziehung des Wertes des durch die Tat Erlangten in Höhe von 210.000 Euro von seinem Rechtsmittel ausgenommen hat, hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil verworfen. Dagegen hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
II.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts war der Angeklagte im Tatzeitraum zwischen Juli 2013 und März 2015 als Key Account Manager für die Unternehmung M.L. (...) tätig und betreute deutschlandweit die Unternehmungen M. und S., wofür ihm sein Arbeitgeber ein jährliches Budget zur Verfügung stellte, um Waren der M.L. in den einzelnen Filialen aus- und aufzustellen und verkaufsfördernd zu positionieren. Zu diesem Zweck zahlte M.L. aufgrund vertraglicher Vereinbarung für die genutzten Werbeflächen sogenannte Warenkostenzuschüsse nach jeweiliger Rechnungstellung an die beteiligten Unternehmungen M. und S. Bei diesen kaufte der Angeklagte im Tatzeitraum zwischen Juli 2013 und März 2015 in den 116 festgestellten Fällen auf Namen und Anschrift der M.L. höherwertige Elektronikprodukte gegen Rechnungstellung ein und nahm die Waren an sich, um sie für sich zu verwenden oder an Dritte weiter zu veräußern. Anschließend veränderte er die ihm überlassenen Rechnungen unter anderem derart, dass er die erworbenen Elektronikprodukte aus ihnen löschte und stattdessen eine - tatsächlich nicht erfolgte - Nutzung von Werbeflächen einfügte. Die ohne Zustimmung des jeweiligen Rechnungsausstellers geänderten Rechnungen reichte er bei seinem Arbeitgeber zur Bezahlung ein, obwohl er wusste, dass die in Rechnung gestellten Leistungen nicht erbracht worden waren. M.L. ging irrtümlich davon aus, sie zahle für genutzte Werbeflächen, und glich in allen festgestellten Fällen die Rechnungsbeträge aus. Der Wert der vom Angeklagten erlangten Waren betrug insgesamt 214.700 Euro, wodurch bei M.L. ein Gesamtschaden in derselben Höhe entstand.
III.
Die statthafte (§ 333 StPO) und fristgerecht eingelegte sowie begründete (§§ 341 Abs. 1, 345 Abs. 1 StPO) Rev...