Normenkette

BGB § 2229 Abs. 4, § 2247 Abs. 2-3, § 2358 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Spandau (Beschluss vom 11.10.2022; Aktenzeichen 60 VI 1210/21)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 17. November 2022 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Spandau vom 11. Oktober 2022 (AZ: 60 VI 1210/21) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdewert wird auf 750.000,- EUR festgesetzt

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des Sachverhaltes wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Der verwitwete und kinderlose Erblasser verstarb am ... 03.2021. Er litt seit ca. 2015 an einer Parkinson-Erkrankung, wohnte im eigenen Haus und wurde seit 2019 durch einen ambulanten Pflegedienst versorgt, der u.a. ihn bei der Einnahme der Medikamente unterstützte. Der Antragsteller ist Nachbar des Erblassers, die Antragsgegnerin ist die Nichte der am 09.09.2019 vorverstorbenen Ehefrau des Erblassers.

Der Erblasser hatte am 06.05.1998 gemeinsam mit seiner Ehefrau ein notarielles gemeinschaftliches Testament errichtet, nach welchem sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben und die Beschwerdeführerin als Schlusserbin einsetzten, soweit "der Letztlebende nicht anders testiert, wozu er berechtigt ist".

Am 05.09.2020 verfügte der Erblasser in einem handschriftlichen Testament, dass er den Antragsteller zum Alleinerben einsetze. Unterhalb der Unterschrift hat der Erblasser hinzugefügt: "Für mich gild Wohnrecht für unbegrenzte Zeit sowie ein Nießbrauch!". Auf demselben Dokument brachte er am 04.11.2020 einen handschriftlichen Zusatz an, mit welchem er den Sohn des Antragstellers als Ersatzerben bestimmte.

Hierauf gestützt hat der Antragsteller unter dem 27.04.2021 die Erteilung eines Erbscheines beantragt, der ihn als Alleinerben nach dem Erblasser ausweist.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen, und hat die Anfechtung der letztwilligen Verfügung des Erblassers vom 05.09.2020/04.11.2020 erklärt. Sie stellt die Echtheit der Urkunde und die Geschäftsfähigkeit des Erblassers bei Abfassung des Testaments in Frage; der Erblasser sei zuletzt dement und bettlägerig gewesen und habe an einer Parkinson-Erkrankung gelitten.

Das Nachlassgericht hat Beweis erhoben über die geistige Verfassung des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung des handschriftlichen Testaments im September 2020. Es hat zunächst schriftliche Einschätzungen der Hausärztin, des behandelnden Neurologen sowie schriftliche Zeugenaussagen der Pflegepersonen und einer Bekannten des Erblassers eingeholt und die von der Antragsgegnerin eingereichten Stellungnahmen der Angehörigen des Erblassers in Betracht gezogen. Ferner hat es ärztliche Unterlagen herangezogen. Schließlich hat es zu der Frage Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Professor Dr. T.W. vom 21.02.2022, auf das wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme Bezug genommen wird. Es hat ferner die behandelnden Ärzte, nämlich den Neurologen Dr. med. P.B. sowie die Hausärztin Frau S.G., ergänzend telefonisch angehört.

Mit Beschluss vom 11.10.2022 hat das Nachlassgericht die zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen, nämlich den Umstand, dass der Antragsteller aufgrund des Testaments vom 05.09.2020 Alleinerbe nach dem Erblasser geworden sei, für festgestellt erachtet. Es hat die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur formellen Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt. Zur Begründung führt das Nachlassgericht im Wesentlichen aus, dass durch das handschriftliche Testament vom 05.09.2020, mit welchem der Antragsteller zum Alleinerben bestimmt wird, das gemeinschaftliche Testament mit der vorverstorbenen Ehefrau vom 06.05.1998 abgeändert worden ist, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere des Sachverständigengutachtens, nicht von der Testierunfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Abfassung des handschriftlichen Testaments im September 2020 auszugehen sei. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerdeführerin mit der am 17.11.2022 bei dem Nachlassgericht eingegangenen Beschwerde. ...

Aus diesem Grunde hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 20.12.2022 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Kammergericht vorgelegt.

Der Senat hat mit Verfügung vom 30.12.2022 auf Bedenken gegen die Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen; wegen der Einzelheiten wird auf den Hinweis (Bl. 231 d.A.) Bezug genommen. ...

II. Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte (§ 63 Abs. 1 FamFG) Beschwerde der Beschwerdeführerin bleibt in der Sache aus den im vollen Umfang zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses ohne Erfolg.

Der angefochtene Beschluss vom 11.10.2022 weist auf Seite 4, Ziffer II 3. lediglich einen offensichtlichen Schreibfehler au...

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