Leitsatz (amtlich)
1. a) Zwar kann in grenzüberschreitenden Hausrats- oder Ehewohnungssachen die EuGüVO in sachlicher Hinsicht anwendbar sein. Aber in zeitlicher Hinsicht ist der Anwendungsbereich der Verordnung nur eröffnet, soweit die Ehegatten am oder nach dem 29. Januar 2019 die Ehe eingegangen sind oder eine entsprechende Rechtswahl getroffen haben.
b) Soweit die EuGüVO danach noch nicht anwendbar ist, bestimmt sich das anwendbare Recht in Hausrats- und Ehewohnungssachen mit Auslandsbezug nach Art. 17a EGBGB a.F.
2. a) Das Hausratsverfahren kennt keinen Auskunftsanspruch eines Ehegatten über Bestand, Zusammensetzung oder Wert des Hausrats; hierfür ist regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis gegeben.
b) Der allgemeine, aus Treu und Glauben hergeleitete Auskunftsanspruch nach § 242 BGB, weil der anspruchsstellende Ehegatte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, kann auch im Hausratsverfahren geltend gemacht werden, soweit die Voraussetzungen des Anspruchs gegeben sind.
3. Das Hausratsverfahren zielt nicht darauf ab, dem aus der Ehewohnung weichenden Ehegatten einen Zahlungs- oder Ausgleichsanspruch in Geld oder einen Anspruch auf "Billigkeitsgelder" zu verschaffen, sondern die gesetzliche Regelung bezweckt, den Ehegatten nach dem Scheitern ihrer Lebensgemeinschaft eine getrennte Haushaltsführung dadurch zu ermöglichen, dass ihnen die hierfür erforderlichen Haushaltsgegenstände, die entweder in ihrem gemeinsamen Eigentum stehen oder deren Miteigentum von Gesetzes wegen vermutet wird, nach den Grundsätze der Billigkeit zugewiesen werden.
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Aktenzeichen 23 F 2884/22) |
Tenor
Die Beschwerde der Ehefrau gegen den am 24. April 2023 in der Folgesache Hausrat verkündeten Teilbeschluss des Amtsgerichts Pankow - 23 F 2884/22 Hausrat - wird auf ihre Kosten nach einem Beschwerdewert von 700 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Ehefrau wendet sich mit der Beschwerde vom 29. April 2023 gegen den Teilbeschluss vom 24. April 2023 in der Folgesache Hausrat, mit der ihr (Stufen-) Antrag, den Ehemann zu verpflichten, Auskunft über den in der Ehewohnung befindlichen Hausrat zu erteilen, zurückgewiesen wurde.
Die beiden Beteiligten - die Ehefrau ist türkische Staatsangehörige, der Ehemann besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit - sind Ehegatten, die seit dem 18. Juni 2021 getrennt voneinander leben. Im Anschluss an einen vom Ehemann ausgehenden gewalttätigen Übergriff gegen die Ehefrau, der dazu führte, dass die Ehefrau sich für mehrere Tage in stationäre ärztliche Behandlung begeben musste, kehrte diese unter Polizeischutz in die Ehewohnung zurück, um ihre Sachen zu packen und die Ehewohnung zu verlassen, die seither vom Ehemann allein genutzt wird. Sie hat in der Folgesache "Hausrat" unter dem 16. Februar 2023 einen Stufenantrag anhängig gemacht, mit dem sie in der ersten Stufe vom Ehemann die Vorlage eines Bestandsverzeichnisses des Hausrats nebst den entsprechenden Belegen begehrt, in zweiter Stufe die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung dahingehend, dass der Ehemann das Bestandsverzeichnis nach besten Wissen so vollständig wie ihm möglich erstellt habe und schließlich, in dritter Stufe, die Zahlung eines nach Erteilung der begehrten Auskunft noch zu beziffernden, im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung fälligen Ausgleichsbetrages nebst näher bezeichneten Zinsen ab Rechtskraft der Scheidung. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, sie und ihr Ehemann hätten, nachdem sie zu Beginn der Ehe zunächst im Haushalt der Eltern des Ehemannes gewohnt hätten, schließlich eine Ehewohnung gefunden und sie im Juni 2016 gemeinsam bezogen. Die Ehewohnung sei von ihnen möbliert worden; u.a. hätten sie Wohnzimmermöbel - Couchgarnitur nebst Anbauwand und Fernseher -, eine komplette Schlafzimmereinrichtung - Doppelbett, Schränke und Kommode - sowie die Kücheneinrichtung nebst Zubehör im Wert von grob etwa 7.000 EUR erworben. Sie meint, nach Treu und Glauben vom Ehemann Auskunft über den Hausrat verlangen zu können, um mit Hilfe der begehrten Auskunft den ihr möglicherweise zustehenden Wertausgleichsbetrag beziffern zu können. Da sie nicht in der Wohnung verblieben sei, sei es ihr nicht möglich, den Betrag, der ihr nach ihrem Dafürhalten zustehe, zu beziffern.
Das Familiengericht hat den Auskunftsantrag mit dem am 24. April 2023 verkündeten Teilbeschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, dass das im Gesetz normierte Hausratsverteilungsverfahren aus Anlass der Scheidung keine Auskunftsansprüche vorsehe, sondern dass es Sache des antragstellenden Ehegatten sei, diejenigen Haushaltsgegenstände zu benennen, deren Zuteilung er begehrt. Da die Ehefrau jedoch trotz eines Hinweises im Termin vom 27. März 2023 keinerlei Gegenstände bezeichnet habe, deren Zuteilung sie für sich fordert, sei ihr Auskunftsantrag zurückzuweisen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Ehefrau mit ihrer Beschwerde. Mit dem Rechtsmittel verfolgt sie ihre erstinstanzli...