Leitsatz (amtlich)
Die durch den Verteidiger für den verstorbenen Angeklagten eingelegte Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in dem das Verfahren einstellenden Beschluss ist statthaft. Die ihm erteilte Vollmacht ist insoweit durch den Tod des Angeklagten nicht erloschen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 24.10.2007; Aktenzeichen (561) 61/53 Js 1517/02 Ns (137/07)) |
Tenor
Die für den verstorbenen Angeklagten durch den Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. G. gegen die Auslagenentscheidung in dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 24. Oktober 2007 eingelegte sofortige Beschwerde wird verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 15. Juni 2007 wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 35 EUR. Nachdem er am 25. September 2007 vor einer Entscheidung über seine Berufung verstorben war, hat das Landgericht mit Beschluß vom 24. Oktober 2007 das Verfahren nach § 206a Abs. 1 StPO eingestellt und ausdrücklich von einer Überbürdung der notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten auf die Landeskasse abgesehen. Die gegen diese Auslagenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1.
Das durch den Verteidiger für den verstorbenen Angeklagten eingelegte Rechtsmittel ist statthaft. Denn die ihm erteilte Vollmacht ist insoweit durch den Tod des Angeklagten nicht erloschen (vgl. KG, Beschluß vom 4. März 2002 - 4 Ws 24/02 -). Die sofortige Beschwerde ist auch durch § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO nicht ausgeschlossen, weil die Hauptentscheidung nach § 206a Abs. 2 StPO - wenn auch mangels Beschwer nicht für den Angeklagten - angefochten werden kann (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl., Rdn. 19 zu § 464 m.w.N.). Trotz fehlender Angaben zum Beschwerdewert (§ 304 Abs. 3 StPO) geht der Senat davon aus, daß die notwendigen Auslagen des Angeklagten infolge der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts für seine Verteidigung 200 EUR übersteigen.
2.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht gemäß § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO von einer Überbürdung der notwendigen Auslagen des verstorbenen Angeklagten auf die Landeskasse abgesehen.
Wann die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben sind, ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. dazu KG, Beschluß vom 28. Juli 2005 - 4 Ws 153/02 -). Der Senat kann die Frage hier offen lassen. Denn auch nach der Auffassung, daß für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO nicht schon beim Vorliegen eines (hinreichenden oder erheblichen) Tatverdachts sondern erst dann Raum ist, wenn die Hauptverhandlung bis zu Schuldspruchreife durchgeführt worden war (vgl. KG a.a.O.), ist diese Voraussetzung hier mit dem erstinstanzlichen Urteil des Amtsgerichts erfüllt.
Die Urteilsfeststellungen bilden eine tragfähige Grundlage für den Schuldspruch und die getroffene Rechtsfolgenentscheidung. Aus dem Umstand, daß der Angeklagte die für einen Mandanten per Scheck vereinnahmten Gelder nicht verbuchte, keinem Anderkonto zuführte und aus eigenem Antrieb auch keine Anstalten zur Abrechnung und Auskehrung verbleibender Beträge unternahm, durfte das Amtsgericht schließen, daß er zur Erfüllung der ihm aus dem Anwaltsvertrag obliegenden Pflichten überhaupt nicht bereit war und das Geld für sich behalten wollte. Die Auffassung des Verteidigers, das Verhalten des Angeklagten habe "anwaltlichen Gepflogenheiten und Arbeitsweisen" entsprochen, ist angesichts der Feststellungen des Tatrichters unverständlich. Daß der Angeklagte die dem Mandanten zustehenden Gelder jederzeit aus flüssigen Mitteln hätte begleichen können, ist angesichts seiner Zahlungsunwilligkeit unerheblich und im übrigen vom Amtsgericht auch nicht festgestellt worden. Andere Umstände, die in der Berufungsinstanz zu einem Freispruch des Angeklagten oder einer milderen Bestrafung und damit zu einer für ihn ganz oder teilweise günstigen Auslagenentscheidung hätten führen können, werden auch mit dem Beschwerdevorbringen nicht aufgezeigt. Die von dem Angeklagten nur auf Druck seines Gläubigers nachträglich vorgenommene Abrechnung des Mandats ließ die Strafbarkeit nicht entfallen und konnte sich nur bei der Strafzumessung auswirken (vgl. KG, Urteil vom 23. März 2007 - (4) 1 Ss 186/05 (94/05) -). Die vom Amtsgericht verhängte milde Geldstrafe wird dem gerecht.
Allerdings läßt der angefochtene Beschluß nicht erkennen, auf welche Umstände die Strafkammer die ihr nach § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO obliegende Ermessensentscheidung ("kann") gestützt hat. Das Landgericht war sich augenscheinlich nicht bewußt, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift ihre Anwendung nur eröffnen, sie allein aber nicht begründen können. Für die Abweichung von der Regel des § 467 Abs. 1 StPO bedarf es vielmehr weiterer Umstände, die es unbillig erscheinen lassen, die Staatskasse mit den notwendigen Auslagen des Angeklagten zu belasten (vgl. KG, Beschluß vom 28. Juli 2005 - 4 Ws 153/02 -; OLG Köln NJW 1991, 506).
Trotz dieses Begründungsmangels...