Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 15.10.2013; Aktenzeichen 133 F 9352/13) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 15.10.2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
3. Der Mutter wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Helmut Wienandts bewilligt.
Gründe
I. Der Vater, der mit der Mutter nicht verheiratet ist, begehrt unter Abänderung zweier Beschlüsse des Familiengerichts, Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 26.1.2011 - 133 F 16582 -; v. 3.8.2012 - 133 F 12893 - in der Fassung des Beschlusses des KG vom 12.9.2012 - 17 UF 162/12 -, die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge für L.. Das Familiengericht hat den Antrag durch Beschluss vom 15.10.2013 zurückgewiesen. Zu den tatsächlichen Feststellungen und den rechtlichen Erwägungen des Familiengerichts wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
Der Vater hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass aufgrund der Neuregelung der elterlichen Sorge nicht verheirateter Eltern in § 1626a BGB keine Gründe gegen die Herstellung des gemeinsamen Sorgerechts gegeben seien. "Sorgerechtliche" Fragen seien zwischen den Eltern nicht streitig. Ferner bestehe über den Lebensmittelpunkt des Kindes bei der Mutter Einigkeit; aus dem Kontinuitätsprinzip könnten deshalb keine Bedenken gegen das gemeinsame Sorgerecht abgeleitet werden. Ihm sei sein natürliches Elternrecht auch "juristisch" zu gewähren, zumal er nachweisbar und dauerhaft Verantwortung für L. übernommen habe. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei das gemeinsame Sorgerecht, hilfsweise das gemeinsame Sorgerecht unter Beibehaltung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts der Mutter, zu begründen. Zu den weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den schriftlichen Vortrag des Vaters Bezug genommen. Der Vater widerspricht einer Entscheidung durch das Beschwerdegericht ohne mündliche Anhörung.
Die Mutter verteidigt den angegriffenen Beschluss des Familiengerichts. Insbesondere ist sie der Ansicht, dass die für ein gemeinsames Sorgerecht erforderliche Kommunikationsfähigkeit der Eltern nicht vorliege, was vom Vater zu verantworten sei, der eine Vielzahl familiengerichtlicher Verfahren angestrengt habe und in unangemessener Weise mit ihr kommuniziere.
II. Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde des Vaters hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Familiengericht hat die Anträge des Vaters zu Recht zurückgewiesen. Gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB neue Fassung überträgt das Familiengericht die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Bei Zugrundelegung dieses Maßstabes liegen die Voraussetzungen für die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht vor.
Auch die Neufassung des § 1626a BGB erfordert für die Begründung eines gemeinsamen elterlichen Sorgerechts eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern. Dies setzt ein Mindestmaß an Übereinstimmung sowie eine hinreichende Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern voraus (s. OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.9.2013 - 9 UF 96/11 - juris, ferner Heilmann, NJW 2013, 1473, 1474). Eine fehlende Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Eltern im Rahmen der gebotenen individuellen Kindeswohlprüfung bleibt ein gewichtiger Grund, eine gemeinsame elterliche Sorge nicht zu eröffnen, sondern einem Elternteil die Sorge für das Kind alleine zu belassen. Denn fehlt es hieran und sind die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge für das Kind dem Kindeswohl zuwiderlaufen. Tragen die Eltern ihren Konflikt auf dem Rücken des Kindes aus, kann das Kind in seiner Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt und in seiner Entwicklung gefährdet werden. (BVerfG, Urt. v. 29.1.2003 - 1 BvL 20/99, NJW 2003, 955, 957). Allein die Ablehnung einer gemeinsamen elterlichen Sorge durch die Mutter des Kindes soll zwar nach Ansicht des Gesetzgebers nicht die Annahme begründen, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl widerspricht (Heilmann, a.a.O.). Da im Zuge einer Trennung vielfach Kommunikationsprobleme auftreten, können diese nicht ohne weiteres zu einer ablehnenden Entscheidung nach § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB (n.F.) führen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn auf der Kommunikationsebene eine schwerwiegende und nachhaltige Störung vorliegt, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, wenn man seine Eltern zwingen würde, die Sorge gemeinsam zu tragen (BT-Drucks. 17/11048, 17).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Begründung eines gemeinsamen Sorgerechtes - auch bei einer Beibehaltung des alleinigen ...