Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen des gegen eine Verfahrensaussetzung gerichteten Beschwerdeverfahrens ist überprüfbar, ob die tatbestandliche Voraussetzung für eine Aussetzung nach § 148 ZPO, nämlich eine Vorgreiflichkeit vorliegt.

Hat das LG durch Teilurteil die wirksame Beendigung eines Gewerbemietverhältnisses durch eine Kündigung der Kläger vom 24.6.2005 nicht vor Ablauf des 31.10.2009 festgestellt, so ist der Ausgang des Berufungsverfahrens betr. dieses Teilurteils nicht vorgreiflich für den - vom LG noch nicht entschiedenen - Streit der Parteien über die wirksame Beendigung desselben Mietverhältnisses durch eine in einem Widerklageschriftsatz der Beklagten vom 23.2.2006 enthaltene fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 01.02.2007; Aktenzeichen 32 O 445/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 20.2.2007 wird der Beschluss des LG Berlin vom 1.2.2007 betreffend die Aussetzung des Verfahrens über die Widerklage (ursprüngliches Az. 32 O 445/07, jetziges Az. 32 O 264/07) aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Mietverhältnis sowie um dessen Fortbestand.

1. Die Kläger haben vor dem LG mit Klageschrift vom 10.8.2005 sowie mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 18.10.2005 gegen die Beklagten Zahlung von Mietzins i.H.v. 11.226,57 EUR nebst anteiligen Zinsen für Gewerberäume in der T.-allee ... in Berlin sowie Zahlung weiterer 474,45 EUR nebst anteiligen Zinsen für zwei Pkw-Stellplätze geltend gemacht sowie die Feststellung verlangt, dass die Kündigung der Beklagten vom 24.6.2005 das Gewerbemietverhältnis (Mietvertrag vom 28.4.1999) nicht vor Ablauf des 31.10.2009 beendet hat.

Die Beklagten haben widerklagend mit Schriftsatz vom 7.11.2006 die Feststellung begehrt, die Kündigung vom 23.2.2006 habe das Gewerbemietverhältnis zwischen den Parteien wirksam beendet.

2. Das LG hat durch am 2. und 5.12.2005 zugestelltes und am 6.12.2005 berichtigtes Anerkenntnisteilurteil über einen Teil der Mietzinsforderungen entschieden.

Durch ein zweites Teilurteil hat das LG am 31.8.2006 festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 24.6.2005 das Gewerbemietverhältnis entsprechend dem Mietvertrag vom 28.4.1999 nicht vor Ablauf des 31.10.2009 beendet habe.

Durch ein drittes Teilurteil vom 1.2.2007 hat es über die restlichen Mietzinsforderungen entschieden.

Gegen die Teilurteile vom 31.8.2006 und vom 1.2.2007 haben die Beklagten Berufung zum KG eingelegt.

3. Mit Beschluss vom 1.2.2007 hat das LG das Verfahren bezüglich der Widerklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung des KG ausgesetzt mit der Begründung, die Entscheidung im Teilurteil vom 31.8.2006 zur Beendigung des Mietverhältnisses sei vorgreiflich ggü. der mit der Widerklage begehrten Feststellung einer Beendigung schon durch Kündigung vom 24.6.2005.

Gegen diesen ihnen am 6.2.2007 zugegangenen Beschluss wenden sich die Beklagten mit der am 21.2.2007 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 20.2.2007, u.a. mit der Begründung, eine Aussetzung sei schon deshalb nicht statthaft, weil es sich um dasselbe Verfahren handele. Auf die Begründung der Beschwerde sowie auf den Schriftsatz vom 10.5.2007 wird Bezug genommen.

4. Das LG hat auf die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 15.4.2007 die Widerklage zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt und im Hinblick darauf der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gegen die Aussetzung gerichtete sofortige Beschwerde ist nach §§ 252, 567 ZPO zulässig (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 65. Aufl. 2007, 65. Aufl. 2007, § 148 ZPO, Rz. 38 m.w.N.). Sie ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die Aussetzung des Verfahrens liegen auch unter Berücksichtigung des Abtrennungsbeschlusses vom 15.4.2007 nicht vor.

1. Der Ausgang des Berufungsverfahrens über das Teilurteil vom 31.8.2006 über die Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 24.6.2005 ist für die noch offene Entscheidung des LG über die Widerklageforderung, betreffend die Kündigung vom 23.2.2006, nicht vorgreiflich i.S.d. § 148 ZPO.

a) Voraussetzung für eine Verfahrensaussetzung nach § 148 ZPO ist, dass die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet.

b) Diese Voraussetzung lässt sich hier nicht feststellen. Die Entscheidung über die Kündigung vom 23.2.2006 hängt nicht von der Berufungsentscheidung über die Kündigung vom 24.6.2005 ab.

Die im Schriftsatz vom 23.2.2006 enthaltene Kündigung ist "fristlos mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt" ausgesprochen worden.

Das LG hat zur Kündigung vom 24.6.2005 festgestellt, dass diese das Mietverhältnis nicht vor Ablauf des 31.10.2009 beendet hat.

Damit ergeben sich auf die Berufung der Beklagten zwei Möglichkeiten:

Entweder die Berufung ist erfolglos. Dann steht zwischen den Parteien rechtskräftig nur die tenorierte Wirkung der streitgegenständlichen Kündigung vom 24.6.2005 fest. ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge