Leitsatz (amtlich)
Die Hemmung (früher Unterbrechung) der Verjährung durch die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) tritt nur ein, wenn der Anspruch in dem Mahnbescheid durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er über einen Vollstreckungsbescheid Grundlage eines Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung möglich ist, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will oder nicht. Die Angabe im Mahnbescheid "Schadensersatz aus ANLAGEBERATUNGS-Vertrag gem. Prospekthaftung vom 30.12.94" genügt diesen Anforderungen nicht. Diesen Angaben ist nicht ohne weiteres zu entnehmen, welche Forderungen geltend gemacht werden sollen. Es ist zumindest die Angabe des Fonds erforderlich, um die erforderliche Zuordnung und damit eine Prüfung der Forderung zu ermöglichen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 3 O 235/12) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
I. Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG die Klage in der angefochtenen Entscheidung abgewiesen. Die Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten sind verjährt. Die Verjährung wurde durch die Zustellung der Mahnbescheide nicht gehemmt, da die Ansprüche des Klägers in dem Mahnbescheid nicht ausreichend genug individualisiert waren.
Die Hemmung (früher Unterbrechung) der Verjährung durch die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) tritt nur ein, wenn der Anspruch in dem Mahnbescheid durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er über einen Vollstreckungsbescheid Grundlage eines Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung möglich ist, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will oder nicht; wann diesen Anforderungen Genüge getan ist, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden, vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab. Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung ist nicht, dass aus dem Mahnbescheid für einen außenstehenden Dritten ersichtlich ist, welche konkreten Ansprüche geltend gemacht werden; es reicht aus, dass dies für den Antragsgegner erkennbar ist.
Diesen Anforderungen genügt die Angabe im Mahnbescheid "Schadensersatz aus ANLAGEBERATUNGS -Vertrag gem. Prospekthaftung vom 30.12.94" nicht.
a) Die Beklagten können dieser Angabe nicht ohne weiteres entnehmen, welche Forderung der Kläger gegen sie verfolgt. Vertragsbeziehungen bestanden zwischen dem Kläger und den Beklagten nicht. Vorgerichtliche Korrespondenz, aus der sich für die Beklagten ergeben könnte, welche Forderungen der Kläger mit dem Mahnbescheid geltend machen wollte, wurde zwischen den Parteien nicht geführt. Auch haben die Beklagten unbestritten vorgetragen, dass sie bzw. die Ärzte-Treuhand Vermögensverwaltung GmbH mit einer größeren Zahl von Fondsgesellschaften befasst waren, so dass ihnen, den Beklagten, eine Zuordnung des Mahnbescheides zu der "Wohnpark W Grundstücksgesellschaft b. R." nicht möglich war. Dass den Beklagten diese Zuordnung tatsächlich nicht möglich war ergibt sich aus dem Schreiben des Vaters des Beklagten zu 2. vom 31.1.2012 (Anlage B1). Es wäre deshalb zumindest die Angabe des Fonds erforderlich gewesen, um den Beklagten die erforderliche Zuordnung und damit eine Prüfung der Forderung zu ermöglichen. So hat der BGH (Beschluss vom 21.10.2014 -XI ZB 12/12, hier und nachfolgend zitiert nach juris, dort Rz. 146) entschieden, dass bei der Geltendmachung von Prospektfehlern den Anforderungen an die erforderliche Individualisierung des Anspruchs durch die Angabe des Zeitpunkts des Erwerbs unter Benennung des angeblich fehlerhaften Prospekts genügt wird.
b) Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen sind die Ansprüche des Klägers aus einem weiteren Grund nicht ausreichend genug individualisiert. Die streitgegenständliche Forderung des Klägers in Höhe von 95.091,98 EUR setzt sich nach der Darstellung in der Klageschrift zusammen aus den "tatsächlichen Kosten" in Höhe von 81.523,48 EUR und dem "entgangenen Gewinn" in Höhe von 13.568,50 EUR. Zur notwendigen Individualisierung gehört aber, wenn mehrere Einzelforderungen und nicht nur unselbständige Rechnungsposten eines einheitlichen Schadens geltend gemacht...