Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten einer Strafanzeige gegen einen nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten

 

Normenkette

ZPO §§ 91, § 103 ff.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 04.12.2007; Aktenzeichen 27 O 447/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Beschluss des LG Berlin vom 4.12.2007 - 27 O 447/06 - wird auf seine Kosten bei einem Gegenstandswert von 955,75 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger nahm die Verfügungsbeklagte auf Unterlassung einer bestimmten Fernsehberichterstattung in Anspruch. Nachdem das LG die Verfügungsbeklagte nur eingeschränkt verurteilt hatte, verurteilte das KG die Verfügungsbeklagte im beantragten Umfang. Von den Kosten der ersten Instanz sollten der Verfügungskläger 1/10 und die Verfügungsbeklagte 9/10 tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz wurden der Verfügungsbeklagten auferlegt.

Die Parteien haben die Ausgleichung der Kosten und deren Festsetzung beantragt, wobei der Verfügungskläger u.a. die Kosten für fünf Strafanzeigen i.H.v. insgesamt 943,75 EUR angemeldet hat, die ihm dadurch entstanden sind, dass er die Zeugen der Gegenseite wegen des Verdachtes falscher eidesstattlicher Versicherungen bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hat. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG die Kosten festgesetzt, dabei aber die Kosten der Strafanzeigen unberücksichtigt gelassen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers, mit der er zusätzlich die Berücksichtigung von 12 EUR für die Akteneinsicht der Gegenseite rügt.

II. Dass nach § 104 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG als sofortige Beschwerde statthafte Rechtsmittel ist zulässig, denn der Verfügungskläger hat es form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat die sofortige Beschwerde aber keinen Erfolg.

Der Senat war befugt, in der Sache selbst zu entscheiden. Zwar ist die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des LG gem. § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO verfahrensfehlerhaft, weil diese Entscheidung durch schlichte Verfügung getroffen worden ist. Sie hätte durch Beschluss ergehen müssen, was ganz herrschender Rechtsmeinung entspricht (OLG Stuttgart MDR 2003, 110, 111; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 572 ZPO Rz. 10). Dieser Auffassung folgt der Senat in ständiger Rechtsprechung (vergleiche Beschl. v. 6.9.2007 - 2 W 147/07 - und RVGreport 2008, 69). Der Mangel des Vorlageverfahrens führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung. Das Beschwerdegericht ist auch bei einem derartigen Mangel zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde befugt (OLG Stuttgart, a.a.O.).

Das LG hat es zu Recht abgelehnt, die geltend gemachten Kosten für die Strafanzeigen festzusetzen. Es kann dahingestellt bleiben, ob Vorbereitungskosten, die dadurch entstanden sind, dass die obsiegende Partei gegen ihren Prozessgegner ein Ermittlungsverfahren anregt, im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden können (bejahend: OLG Saarbrücken OLGReport Saarbrücken 1998, 136; KG AnwBl. 1983, 563; OLG Bamberg, JurBüro 2003, 145; LG Frankfurt, MDR 1982, 759; verneinend: OLG Koblenz, NJW 2006, 1072). Dies erscheint insoweit als fraglich, als diese Kosten nicht unmittelbar in dem Prozessrechtsverhältnis der Parteien begründet sind und das strafrechtliche Ermittlungsverfahren eine völlig andere Zielsetzung, nämlich ggf. die Verwirklichung des Strafanspruchs des Staates verfolgt. Auch erscheint es zumutbar, dass die Partei die gebotene Sachaufklärung grundsätzlich dem anstehenden Zivilprozess überlässt (OLG Koblenz, a.a.O.).

Hierauf kam es im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren aber schon deshalb nicht an, weil jedenfalls die Kosten einer Strafanzeige gegen einen nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten keinesfalls Kosten des Rechtsstreits sind und daher auch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren Berücksichtigung finden können. Hier sind die Kosten, die der Verfügungskläger geltend macht, dadurch entstanden, dass er gegen die Zeugen, deren eidesstattliche Versicherungen die Verfügungsbeklagte im Verfahren eingeführt hat, wegen des Verdachtes der Abgabe einer unrichtigen eidesstattlichen Versicherung Strafanzeige gestellt hat. Diese Kosten sind damit primär im Verhältnis zu den einzelnen Zeugen entstanden. Unter Umständen steht dem Verfügungskläger gegen diese - so denn die Erklärungen unrichtig waren - ein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Zwar hat die Verfügungsbeklagte diese vermeintlich unrichtigen eidesstattlichen Versicherungen in das Verfahren eingeführt. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass ihr die Unrichtigkeit, so sie denn gegeben war, auch bekannt war. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, dass gegen sie ein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch begründet sein könnte. Dies gilt auch für die Strafanzeige gegen den Zeugen A., dessen Verhalten sich die Verfügungsbeklagte auch nur bedingt zurechnen lassen muss, zumal er nur freier Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten ist.

Dies macht deutlich, dass Kosten, die nicht unmittelbar im Verhältnis der Prozesspa...

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